Letzten Herbst standen exotische Eindringlinge hinter dem Haus. Sie waren uns zuerst nicht aufgefallen. Erst als sie goldgelb blühten, stachen sie uns ins Auge.
Letzten Herbst fielen uns die nektarsuchenden Bienen und Insekten auf, die an kleinen, goldgelb leuchtenden Blüten genüsslich naschten. Im naturnahen Steingarten haben wir vor Jahren einheimische Wildsträucher gepflanzt, welche vor allem im Frühling und Sommer mit ihren farbenfrohen Blüten die Bienen und Insekten anlocken. Umso mehr waren wir erstaunt, dass nun fremde Eindringlinge mit ihren Blüten den Garten zierten. Zuerst haben wir uns keine Gedanken gemacht, schliesslich freute es uns, dass die Bienen und Insekten weitere Nahrung geniessen konnten.
Invasive Neophyten - exotische Eindringlinge
Irgendwie kam uns dieser unbekannte Fremde bekannt vor. Irgendwo haben wir diesen schon gesehen. Wer ist das jetzt doch schon wieder? Was soll’s, Hauptsache, die Bienen haben was zu essen.
Ein paar Tage später liegt ein Informationsblatt der Gemeinde im Briefkasten. Es wird auf invasive Neophyten aufmerksam gemacht. Ein paar sind mit Fotos abgebildet. Das ist er doch – unser fremder Eindringling. Es ist die Nordamerikanische Goldrute. Ein invasiver Neophyt.
Was sind Neopyhten überhaupt?
Neophyten sind eingewanderte, gebietsfremde Pflanzen. Pflanzen, welche seit 1492 bewusst von uns Menschen eingeführt und auch verkauft oder aus Versehen eingeschleppt wurden. Sie waren ursprünglich in Mitteleuropa nicht heimisch. Viele von diesen sind problemlos und fügen sich in unsere Pflanzenwelt ein. Die meisten wurden auch absichtlich auf der ganzen Welt gesammelt und bei uns als Zierpflanzen in Parkanlagen und Gärten gepflanzt. In der Schweiz sind etwa 500 bis 600 nicht einheimische Pflanzenarten also Neophyten in freier Natur bekannt. Davon sind es 50, welche aktuell Probleme verursachen, und diese werden in drei Kategorien eingeteilt:
- 16 Pflanzen sind gemäss Freisetzungsverordnung im Anbau und Handel verboten.
- 24 Pflanzen sind invasiv. Das heisst, sie verbreiten sich aufgrund fehlender natürlicher Feinde massiv und stehen auf der Schwarzen Liste, weil sie den einheimischen Pflanzen den Lebensraum streitig machen. Das heisst, die Ausbreitung muss verhindert werden.
- 20 Pflanzen stehen auf der «Watch List» Das heisst, sie werden überwacht und wenn nötig eingedämmt.
Invasive Neopyhten bereiten sich einfach aus
Pflanzen machen keinen Halt vor dem Gartenzaun. So haben die Samen der Nordamerikanischen Goldrute von irgendwo her mit dem Wind den Weg in unseren Garten gefunden und würden sich nun aktiv weiter ausbreiten. Vögel verbreiten zum Beispiel die Samen der Kirschlorbeerpflanzen aus den Gärten in die Wälder, wo sich diese dann auf Kosten der einheimischen Arten rasant ausbreiten können. Das starke Ausbreiten der verschiedenen invasiven Neophyten bedroht damit die einheimischen Arten, und die Artenvielfalt und die Biodiversität gehen zurück. Manche Arten sind auch für die Gesundheit von Mensch und Tier problematisch.
Hilfreiche Informationen zu den Neophyten
• Nationales Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora mit Schwarzer Liste, Watch List und Details zu allen invasiven Neophyten: www.infoflora.ch
• Seite von Jardin Suisse mit sehr guter Aufstellung der 16 verbotenen und 24 invasiven Pflanzen: www.neophyten-schweiz.ch
• Seite von Biologe Erwin Jörg mit vielen Fotos und Informationen: www.neophyt.ch
Neopyhten - Mühsame Bekämpfungsarbeit
Wegen des grossen Schadpotenzials werden und müssen invasive Neophyten aktiv und gezielt bekämpft werden, und dies erfolgt schon seit Jahrzehnten mit unzähligen Feldeinsätzen und mühsamer Handarbeit. Bund, Kanton und Gemeinden setzen dafür Millionen von Steuergeldern ein. Und auch wir Gartenliebhaber stehen in der Pflicht. Denn gemäss Freisetzungsverordnung für die verbotenen invasiven Neophyten gilt:
- Es ist nicht erlaubt, diese zu verkaufen, neu anzupflanzen oder zu verpflanzen, zu vermehren oder als Blumenstrauss zu verschenken.
- Grundeigentümer sind verpflichtet, auch die indirekte Verbreitung zu verhindern – zum Beispiel durch Wurzeln im Aushub oder Samen im Kompost.
- Alle Pflanzenteile dürfen nur zu Entsorgungszwecken transportiert werden.
- Fortpflanzungsfähige Pflanzenteile wie Samen, Wurzeln und Blüten dürfen nur in einer professionellen Platz- oder Boxenkompostierung, in einer thermophilen Vergärung oder im Kehricht entsorgt werden.
- Grundeigentümer sollen nach Möglichkeit verbotene Arten aktiv bekämpfen und die Bestände ausrotten.
Auch für die nicht verbotenen invasiven Neophyten gilt eine allgemeine Sorgfaltspflicht, um die Ausbreitung zu verhindern:
- Invasive Neophyten sollen nicht mehr neu angepflanzt werden und sind zu entfernen.
- Um die unkontrollierte Ausbreitung zu verhindern, soll das Versamen verhindert werden, das heisst, vor der Samenreife sind die Blütenstände abzuschneiden.
- Die Entsorgung fortpflanzungsfähiger Pflanzenteile (Samen, Wurzeln und Blüten) soll im Kehricht erfolgen. Feldrand- oder Gartenkompostierung ist zu unterlassen. Ebenso ist das Freisetzen oder Deponieren in und am Rande von Naturschutzgebieten, Gewässern oder Wäldern ausdrücklich verboten.
Richtig handeln bei exotischen Pflanzen
Obwohl die exotischen Pflanzen durch uns Menschen eingeschleppt wurden und auch zum Teil schön anzusehen sind, ist es wichtig, dass wir die einheimischen Pflanzen und Tiere schützen. Das heisst, am besten ist es, invasive Pflanzen aus dem Garten ganz zu entfernen und durch einheimische Wildstauden oder -sträucher zu ersetzen. Dabei ist wichtig, dass auch möglichst viele der unterirdischen Spross- und Wurzelteile entfernt werden. Die Spross- und Wurzelteile sollten unbedingt in einer Kehrichtverbrennung oder einer professionell geführten Kompostier- oder Vergärungsanlage entsorgt werden. Denn auf dem Kompost können sie sich weiter vermehren.
Einheimische Wildstauden und -sträucher pflanzen
Wenn die Neophyten aus dem Garten entfernt sind, hat es Platz für andere Pflanzen. Am besten werden die Lücken mit einheimischen Wildpflanzen gefüllt. Die Auswahl an guten und schönen Pflanzen ist gross. Am besten kauft man Pflanzen, die aus der Region stammen, und möglichst keine Zuchtformen. Auch ist auf die Bodenbeschaffenheit und die Lichtverhältnisse, welche die Pflanze beansprucht, zu achten.
Unsere Eindringlinge, die Nordamerikanischen Goldruten, haben wir entfernt und im Kehricht entsorgt. Es wird sich aber zeigen, ob wir alle Wurzeln sauber erwischt haben und rechtzeitig gehandelt haben, ohne dass sie sich vermehren konnten. Das wird sich aber bald zeigen und sonst starten wir von Neuem. Mehr zu Wilde Sträucher im Garten (Wildsträucher)
Weitere verbotene invasive Neopyhten
Riesen-Bärenklau - (Heracleum mantegazzianum)
Der Saft des Riesen-Bärenklaus ist giftig und kann starke Verbrennungen verursachen. Deshalb gehört der aus dem Kaukasus stammende Riesen-Bärenklau zu den verbotenen invasiven Problempflanzen und wird bekämpft.
Drüsiges Springkraut - (Impatiens glandulifera)
Das Drüsige Springkraut vermehrt sich durch seine Samen (Schleudermechanismus) äusserst effizient. Durch das rasche Wachstum und die dichten Bestände verdrängt es einheimische Arten und behindert im Wald die natürliche Verjüngung.
Asiatische Staudenknöteriche - (Reynoutria japonica u.a)
Sie gehören zu den gefährlichsten exotischen Pflanzen. Schon kleine Wurzel- oder Sprossstücke können beispielsweise entlang von Gewässern neue Bestände bilden. Die Bekämpfung ist extrem schwierig und sehr kostenintensiv.
Schmalblättriges Greiskraut - (Senecio inaequidens)
Es kam mit der Schafwolle aus Südafrika und verbreitet sich schnell über die Flugsamen auf weiten Strecken. Besonders entlang von Verkehrsflächen ist es anzutreffen. Es ist zudem für Mensch und Tier giftig, was besonders in der Landwirtschaft und für Wildtiere zum Problem werden kann.
Aufrechte Ambrosie - (Ambrosia artemisiifolia)
Essigbaum - (Rhus typhina)
Der Essigbaum gehört in der Schweiz zu den verbotenen Neophyten. Als Zierpflanze kommt er oft in Gärten vor. Mit seinen Wurzelsprossen bildet der Essigbaum undurchdringliche Dickichte und verdrängt alle anderen Pflanzen.
Weitere Invasive Neophyten
Einjähriges Berufskraut - (Erigeron annuus)
Das Einjährige Berufkraut ist im Siedlungsgebiet als Beikraut weit verbreitet. Zunehmend breitet es sich unkontrolliert an Wegrändern und Ufern sowie auf Schuttplätzen, Magerwiesen und Weiden aus.
Robinie - (robinia pseudocacia)
Sie wurde als Park- und Alleebaum im Siedlungsgebiet, als Böschungsfestiger an Bahn- und Strassendämmen und – ihres guten Holzes wegen – im Wald angepfl anzt. Heute verbreitet sie sich zunehmend unkontrolliert an trockenen, warmen Standorten.
Erdmandelgras - (Cyperus esculentus)
Götterbaum (ailanthus altissima)
Die im Siedlungsgebiet bis anhin vereinzelt vorkommenden Bäume beginnen sich unkontrolliert zu vermehren und in die angrenzenden Wälder auszubreiten. Durch Wurzelausschläge bilden sie dichte Bestände. Die Samen verbreiten sich mit dem Wind rasch über grössere Distanzen.
Seidiger Hornstrauch - (Cornus sericea)
Häufiger Zierstrauch in Gärten – vor allem an Böschungen und in Hecken. Er verwildert entlang von See- und Fluss ufern, an Waldrändern und in Hecken sowie auf Brachflächen. Er bildet dichte, undurchdringliche Bestände, breitet sich rasch aus und verdrängt einheimische Pflanzen.
Paulownie - (Paulovnia tomentosa)
Die Paulownie wurde als Parkbaum im Siedlungsgebiet angepflanzt. Sie beginnt sich zunehmend unkontrolliert in Gärten und siedlungsnahen Wäldern auszubreiten. Durch das rasche Wachstum und die grossen Blätter können einheimische Arten verdrängt werden.
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NATURZYT Ausgabe März 2019, Text Michael Knaus, Fotos AdobeStock und Erwin Jörg, www.neophyt.ch