Salweide mit ihren Blüten

Kaum eine andere Gattung kommt im Frühling mit einer solchen Blütenfülle daher wie die der Weiden. Zur Blütezeit stehen sie im Mittelpunkt von hungrigen Insekten und Vögeln, während ihr Blattkleid bald darauf Falterraupen und andere Laubfresser anlockt. Ideale Gehölze also für den naturnahen Garten, anspruchslos in der Kultur und simpel zu vermehren.

Die Gattung der Weiden (Salix) umfasst circa 450 Arten, davon über 60 in Europa, zuzüglich vieler Unterarten und natürlicher Hybriden. Alle Weiden sind zweihäusig, weibliche und männliche Blüten sind also auf unter schiedliche Exemplare verteilt. Vom Zwergstrauch im Gebirge bis zum hohen Baum in den Auen des Flachlands, die Vielgestaltigkeit der Weiden ist gross und faszinierend.

Weiden haben unterschiedliche Wachstumseigenschaften

Infolge ihrer unterschiedlichen Wachstumseigenschaften und eher geringen Ansprüche findet sich für Weidenarten im grosszügigen Hausgarten wie auch im kleinen Vorgarten und sogar auf Terrasse und Balkon immer ein Platz.

Als Baum oder Grossstrauch mit grösseren Platzbedürfnissen sind die breitblättrige Sal-Weide (Salix caprea), die Asch-Weide (Salix cinerea), die Mandel-Weide (Salix triandra), von der es auch eine «immerblühende» Form gibt, die imposant werdende Silber-Weide (Salix alba) und die Bruch-Weide (Salix fragilis) zu empfehlen.

Auf eher bescheidenem Raum kommen die schmalblättrige Purpur-Weide (Salix purpurea), die auffällig blühende, aus Japan und Korea stammende Rosakätzchen- Weide (Salix gracilistyla «Mount Aso»), die Korb-Weide (Salix viminalis) mit ihrer langen Tradition als Rohstofflleferantin für die Flechterei, die exotisch anmutende Pracht-Weide (Salix magnica) und die Ohr-Weide (Salix aurita) gut zur Geltung.

Wenn lediglich Töpfe und Tröge zur Verfügung stehen, kann man sich mit der Spiess-Weide (Salix hastata), der Schweizer Weide (Salix helvetica) und der Kriech-Weide (Salix repens) interessante und ökologisch wertvolle niedrige Arten auf Balkon oder Terrasse holen.

Weidensandbiene auf einer Weide
Grosse Weidensandbiene. (ETH Zürich, Foto: Albert Krebs)

Weiden lassen sich einfach und praktisch vermehren

Durch die Steckholzvermehrung lassen sich die meisten Weidenarten zuverlässig anziehen. Diese Methode gehört zur vegetativen Vermehrung, d.h., dadurch wird das identische Erbmaterial der Stammpflanze weitergegeben, es entstehen sogenannte Klone. Daher ist diese Technik auch für die Sortenvermehrung massgeblich. Bei der Sal-Weide ist bei dieser Art der Vermehrung die Erfolgsquote leider sehr gering. Trotz der schlechten Bewurzelungsrate werden in Baumschulen aber männliche Klone der Sal-Weide (wegen der grossen Kätzchen) in grosser Stückzahl über Steckholz vermehrt. Im privaten Bereich lohnt sich dies jedoch nicht und erreicht man über Aussaat bessere Ergebnisse.

Grosse Trauerweide als Baum im Sonnenlicht
Mächtig und alt ist diese blühende Trauer-Weide. (Foto: Sebastian Wagener)

Der beste Schnitt- und Steckzeitpunkt für diese Vermehrungsart ist während der Vegetationsruhe zwischen November und April. Besonders empfiehlt sich der Spätwinter, weil dann die letztjährigen Triebe vollständig ausgereift sind und die Frostgefahr reduziert ist.

Die empfohlene Länge entspricht einer gängigen Gartenschere, man «erntet» an einjährigen Trieben. Bei den unkomplizierten Weiden führen jedoch auch Abweichungen von dieser Norm  zum Erfolg. Das oberste Drittel mitsamt Terminale wird entfernt, da dieser Teil über schwächere Anlagen verfügt.

rosarote Weidenkätzchen
Die prächtigen Kätzchen von Salix gracilistyla «Mount Aso». (Foto: wikimedia.org, peganum aus Small Dole, England)

Als Substrat taugt magere Aussaaterde oder normale Gartenerde, gemischt mit Sand und Perlit. Permanente Feuchtigkeit ist für die Wurzelbildung essenziell, Vernässung führt aber zu Fäulnis. Einmal pro Woche gut wässern sollte während der kühlen Jahreszeit genügen. Bei der Stecktiefe sollte man sich auf die Augen konzentrieren. Banal ausgedrückt: je mehr Knospen unter der Erde, desto bessere Chancen für die Wurzelbildung. Weiden wurzeln jedoch auch aus den Internodien (Teilstück zwischen den Nodien-«Knospen») und Schnittstellen.

Bei der Wahl von Anzuchtgefässen kann man sich der eigenen Fantasie bedienen. Grundsätzlich eignen sich Kisten, Töpfe, Tröge, Verpackungen und dergleichen. Ausschlaggebend sind Tiefe und vorhandene Löcher für den Wasserabzug. Der Standort während der Kultur sollte frostfrei und geschützt sein, dafür eignet sich die Nähe eines Gebäudes oder das Kalthaus.

Moschusbock-Käfer an der Sonne
Moschusbock. (ETH Zürich, Foto: Albert Krebs)

Bei der Kultur im Freien empfiehlt sich zum Schutz ein lichtdurchlässiges Vlies, welches die Frosteinwirkung reduziert. Weidenarten lassen sich jedoch auch direkt im Freiland (Boden) unkompliziert vermehren. Lebende Zäune, Sichtschutzelemente, Wildhecken und zukünft ige Solitärbäume können auf diese Weise mit geringem Aufwand realisiert werden. Dafür eignen sich auch längere und dickere Ruten (Triebe).

In wenigen Jahren können durch die Steckholzvermehrung prächtige Bäume und Sträucher herangezogen werden, die unsere Fauna und Flora bereichern.

Weiden sind für unsere Fauna von grosser Bedeutung

Weiden sind nicht nur botanisch und kulturhistorisch interessante Gehölze, sie sind auch für unsere Fauna von grosser Bedeutung. Unzählige Insektenarten leben von, auf oder in Weiden, viele von ihnen sind sogar auf diese Gattung spezialisiert.

Besonders beliebt ist die Sal-Weide, die als erste im Jahr den Blütenreigen der Weiden eröffnet. Nicht nur die reiche Kätzchenpracht lockt Insekten an, vom Laub der Sal-Weide profitieren erstaunlich viele Falterarten. Man kann sie getrost als eine der wichtigsten heimischen Raupenfutterpflanzen bezeichnen.

Grüne Raupe des Abendpfauenauges
Raupe des Abendpfauenauges. (Foto Albert Krebs)
Falter Alpenpfauenauge an einem Ast
Abendpfauenauge. (ETH Zürich, Foto: Albert Krebs)

Eine Nachtfalterart, deren Raupen an Sal- und auch anderen Weiden (v.a. schmalblättrigen Arten) gefunden werden können, ist das Abendpfauenauge (Smerinthus occellata). Tagsüber im Ruhezustand ist der grosse Falter durch die bräunlich gezeichneten Vorderflügel gut getarnt und auf Rinde oder zwischen dürrem Laub leicht zu übersehen. Fühlt sich das Abendpfauenauge aber gestört, öffnet es ruckartig die Flügel und überrascht mögliche Frassfeinde mit einem farbigen Augenpaar auf den Hinterflügeln, dass ein grösseres Tier vortäuschen soll. Die ausgewachsenen Falter sind in der Dunkelheit aktiv, sind aber nicht auf ein nektarspendendes Blütenangebot angewiesen, da sie gar keinen richtigen Saugrüssel ausbilden. Die Lebensphase als Imago dient also einzig der Fortpflanzung und dauert nur kurz. Die Raupen verraten durch einen hornartigen Fortsatz am Hinterleib ihre Verwandtschaft zur Familie der Schwärmer. Durch ihre grüne Färbung mit den hellen, schräg stehenden Streifen sind sie im Weidenlaub nur schwierig auszumachen. Die Verpuppung findet im Erdreich statt, wo sie dann auch den Winter verbringen, durch eine Wachsschicht vor Feuchtigkeit geschützt.

Ebenfalls im Boden verpuppt sich die Raupe des Weidenbohrers (Cossus cossus). Auf der Suche nach einem geeigneten Verpuppungsplatz fallen die auffallend grossen Raupen mit dem glänzend roten Rücken denn auch am ehesten auf, leben sie doch ansonsten gut verborgen in ihren genagten Gängen im Holz, bevorzugt in dem von Weiden. Ältere Raupen verströmen einen Essiggeruch, der auch um befallene Gehölze wahrzunehmen ist. Der ausgewachsene Nachtfalter wirkt auf den ersten Blick unscheinbar, bei genauerer Betrachtung erkennt man aber ein schönes dunkles Spitzenmuster auf den braungräulichen Flügeln.

Raupe eines Weidenbohrer auf Brennholz
Raupe des Weidenbohrers. (ETH Zürich, Foto: Albert Krebs)
Grauer Weidenbohrer-Falter an Hauswand
Weidenbohrer. (ETH Zürich, Foto: Albert Krebs)

Auch einige Tagfalter verbringen ihr Larvenstadium auf Weiden. Einer der prächtigsten ist unbestritten der Grosse Schillerfalter (Apatura iris). Der Name kommt nicht von ungefähr, bei den Männchen schillern nämlich die Flügeloberseiten je nach Lichteinfall in tiefen Blautönen. Leider lässt sich das nicht häufig beobachten, da sich diese Schmetterlinge hauptsächlich im Kronenbereich von Bäumen aufhalten. Sie besuchen auch keine Blüten, sondern saugen stattdessen an Exkrementen, Aas und feuchten Bodenstellen. Hier besteht dann auch am ehesten die Chance, ein Exemplar zu entdecken. Die perfekt getarnten Raupen erinnern durch die Kopfhörner an Nacktschnecken und entwickeln sich auf breitblättrigen Weidenarten. Sie überwintern frei auf der Futterpflanze und ändern dazu ihre knallgrüne Sommerfärbung in diskretere Oliv- und Brauntöne.

Weiden beherbergen auch manche Käferart, z.B. den Moschusbock (Aromia moschata). Er schillert metallisch, von bronzefarben bis bläulichgrün, trägt lange Fühler und kann aus Drüsen einen moschusartigen Geruch verströmen. Die ausgewachsenen Käfer halten sich im Sommer gerne auf Doldenblüten auf, während die Larven sich durch Äste nagen und dort eine zwei- bis dreijährige Entwicklung vollziehen.

Grüne Raupe des Grossen Schillerfalters auf grünem Blatt
Raupe des Grossen Schillerfalters. (ETH Zürich, Foto: Albert Krebs)
Grosser Schillerfalter auf Stein sitzend
Grosser Schillerfalter (ETH Zürich, Foto: Albert Krebs)

Weidenblüten gehören zu den wichtigsten Pollen- und Nektarspendern im Frühjahr, es gibt kaum andere Pflanzen, die zu diesem Zeitpunkt für ein so reiches Blütenangebot sorgen. So ist es nicht verwunderlich, dass es eine ganze Reihe von Wildbienenarten gibt, die den Pollen zur Versorgung ihrer Brut ausschliesslich an Weiden sammeln. Unter ihnen ist die Grosse Weidensandbiene (Andrena vaga) an hellgrauer Brustbehaarung und glänzend schwarzem Hinterleib leicht zu erkennen. Die Weibchen graben etwa 50 Zentimeter tiefe Gänge in sandigen Boden, an deren Ende sie die Brutzellen anlegen, um diese mit Weidenpollen und je einem Ei zu versorgen. Sie nisten gerne in grossen Kolonien.

Oft kann man in blühenden Weiden auch Blaumeisen (Cyanistes caeruleus) herumturnen sehen. Sie machen hier sicher auch Jagd auf das eine oder andere Insekt, sind aber vor allem am leckeren Nektar interessiert. Und das Zugverhalten des Zilpzalps (Phylloscopus collybita) (der nicht umsonst auch Weidenlaubsänger genannt wird) scheint auf das Aufblühen der Sal-Weide abgestimmt zu sein, um diesem Feinschmecker die Rückkehr nördlich der Alpen zu versüssen.

Es lohnt sich also, die Weiden in Gärten und Natur etwas genauer zu betrachten. Und jetzt im März noch die Vermehrung mit ein paar Steckhölzern zu versuchen. Viel Erfolg!

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NATURZYT Ausgabe März 2022, Text Dani Pelagatti, Sebastian Wagener

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