Durch seinen hohen Mineraliengehalt kräftigt der Ackerschachtelhalm schwaches Bindegewebe. Ausserdem wird er bei der Behandlung von Nieren- und Blasenleiden eingesetzt.
Der Ackerschachtelhalm stärkt Bindegewebe und Knochen
Durch seinen hohen Kieselsäuregehalt stärkt und festigt der Ackerschachtelhalm das Binde- und Stützgewebe, welches im ganzen Körper vorkommt. Kieselsäure ist wichtig für den Aufbau von Haut, Knochen, Nägeln und Zähnen. Eine Kur mit Ackerschachtelhalm wird angewendet bei Bindegewebsschwäche, schlaff er Haut, brüchigen Haaren und Nägeln, schlechten Zähnen und Zahnfleisch. Neben Kieselsäure enthält die Pflanze noch viele andere wichtige Mineralien wie Kalzium, Magnesium, Kalium und Eisen.
Der Ackerschachtelhalm hilft bei Erkrankungen der Harnwege
Wegen seiner harntreibenden Wirkung, durch das Zusammenspiel von Flavonoiden und Saponinen eignet sich Ackerschachtelhalm bestens zur Durchspülungstherapie bei der Behandlung von entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege, von Nieren- und Blasenleiden. Ausserdem ist der Tee wirksam bei rheumatischen Erkrankungen und chronischem Husten. Die Heilpflanze ist Bestandteil vieler Blasen-, Nieren-, Rheuma-, Blutreinigungs- und Hustentees.
Ackerschachtelhalm wirkt auch blutstillend und wundheilungsfördernd. Waschungen und Umschläge dienen zur Behandlung von schlecht heilenden Wunden.
Der Ackerschachtelhalm - Heilpflanze aus den Urzeiten
Die Schachtelhalmgewächse, in deren Familie sich der Ackerschachtelhalm (Equisetum arvense) einreiht, sind entwicklungsgeschichtlich viele Millionen Jahre älter als unsere Blütenpflanzen. In den Urzeiten der Erde gab es Wälder mit baumartigen Schachtelhalmen und Farnen, mit bis zu 30 Meter Höhe. Diese Pflanzen vermehrten sich durch Sporen, was sie bis heute beibehalten haben. Der Ackerschachtelhalm wächst bevorzugt auf trockenen Böden, und man findet ihn an Wegrändern, Äckern, Bahndämmen, Kieswegen. Im zeitigen Frühjahr erscheinen die unverzweigten und bleichen sporentragenden Triebe, welche lediglich der Fortpflanzung dienen und nach der Sporenreife absterben. Anschliessend bilden sich die bis zu 50 Zentimeter hohen grünen Sommertriebe, deren Seitenäste in regelmässigen Abständen rund um den Stängel (quirlig) angeordnet sind. Ein wichtiges Erkennungsmerkmal ist, dass der unterste Teil der Seitenäste deutlich länger ist als die Zacken (Zähne) der Blattscheiden am Stängel. Wegen seines hohen Kieselsäuregehalts wurde der Ackerschachtelhalm früher zum Polieren von kostbarem Zinngeschirr geschätzt, daher der Name «Zinnkraut». Die deutsche Bezeichnung erhielt der Schachtelhalm wegen seiner schachtelartig ineinander gesteckten Stängelteile.
Ackerschachtelhalm nur die grünen Sommertriebe verwenden
Zu Heilzwecken werden nur die grünen Sommertriebe des Ackerschachtelhalms verwendet. Sammeln Sie diese im Frühsommer, dann löst sich die Kieselsäure leicht aus den noch zarten Trieben. Schwarze oder braungefleckte Stängelteile dürfen nicht verwendet werden. Man schneidet die oberen zwei Drittel der grünen Triebe ab, hängt sie gebündelt an einem luftigen Ort auf und lässt sie solange trocknen, bis die Seitenzweige leicht abbrechen. Nach der Trocknung müssen die Pflanzenteile grün aussehen, braun- oder schwarzgefärbte Teile werden aussortiert. In dunklen Glasgefässen verschlossen aufbewahren. Hinweis: In Mitteleuropa gibt es 10 verschiedene Schachtelhalmarten. Sie sollten den Ackerschachtelhalm gut kennen, da es andere Schachtelhalmarten gibt, die ähnlich aussehen, aber als giftig gelten. Diese beherbergen oft einen schmarotzenden Pilz, der einen giftigen Stoff namens Equisetin enthält, erkennbar an braunen oder schwarzen Flecken. Viele der anderen Schachtelhalmarten enthalten auch ein Enzym, welches gesundheitsschädlich ist, da es Vitamin B1 (Thiamin) im Körper abbaut. Sie können sich die getrocknete Pflanze auch in gut sortierten Drogerien oder Apotheken besorgen.
Was sagen die alten Kräuterkundigen zum Ackerschachtelhalm?
Dioskurides, ein bekannter Arzt der Antike, beschrieb vor 2000 Jahren blutstillende und wundheilende Eigenschaft en des Ackerschachtelhalms. Für Pfarrer Kneipp war der Ackerschachtelhalm «einzig, unersetzbar und unschätzbar» bei Harnwegsbeschwerden. Und Pfarrer Künzle empfahl ihn bei Blutbrechen, Nieren- und Leberleiden, Gicht und Wassersucht. Zudem berichtete er, dass Auflagen von frischem, zerquetschtem Ackerschachtelhalm das Blut stillen und Quetschungen, Schnitt- und Stichwunden zu rascher Heilung bringen.
Ackerschachtelhalm in der traditionellen chinesischen Medizin
Die thermische Wirkung ist kühl, die zugeordneten Organe sind Niere, Blase, Lunge und Dickdarm. Ackerschachtelhalm wird u.a. als Blutreinigungsmittel, bei Nieren- und Blasenleiden und bei zu starker Menstruation angewendet.
Manche Gärtner sehen im Ackerschachtelhalm ein lästiges und fast unausrottbares Unkraut. In der Tat bildet er ein tiefes und weitverzweigtes Wurzelnetz und ist nur schwer aus dem Garten wieder zu entfernen. Andere Gärtner schätzen die Schachtelhalmbrühe, welche man aus der Pflanze herstellt, als wertvolles Pflanzenschutzmittel, insbesondere bei Pilzkrankheiten. Und eine alte Weisheit lautet: «Für alles ist ein Kraut gewachsen.» Und das gilt auch für den Garten.
Die Gestalt des Ackerschachtelhalms besteht aus einem hohlen Hauptstängel, aus dem in wunderbar regelmässigen Abständen Seitenäste wachsen. Die Blätter sind reduziert auf Blattscheiden am Hauptspross. Die gesamte Pflanzengestalt ist klar strukturiert, und die Erscheinung auf das Wesentliche und Nötige begrenzt. Die einzelnen Teile des Hauptstängels lassen sich Stück für Stück auseinanderziehen. Hier kann man eine Analogie zur menschlichen Wirbelsäule sehen. Der Ackerschachtelhalm wirkt auf den ersten Blick spröde und trocken, bei Berührung ist spürbar, dass er auch elastisch und beweglich ist.
Ackerschachtelhalm in der Wildkräuterküche
Aus den im Frühjahr erscheinenden zarten, bleichen Trieben mit den sporentragenden Ähren lässt sich ein köstliches Wildpflanzengericht zubereiten, ähnlich wie Spargel. Die Frühjahrstriebe schmecken mild und haben ein Pilzaroma. Die bleichen Frühjahrstriebe haben nur eine kurze Erntezeit, da sie nach der Sporenreife absterben. Die anschliessend erscheinenden grünen Sommertriebe haben einen leicht bitteren Geschmack, und beim Kauen knirschen sie zwischen den Zähnen, was ein Hinweis auf die enthaltene Kieselsäure ist. Sie können die grünen Sommertriebe als herbe Zutat zu Kochgemüse geben. Schwarz- oder braun gefärbte Pflanzenteile werden nicht verwendet.
Ackerschachtelhalm in der Kräuterapotheke
Ackerschachtelhalm-Tee
1 bis 2 TL Zinnkraut mit einer Tasse Wasser kalt ansetzen, 20 Minuten kochen, anschliessend abseihen. 2 bis 3 Tassen täglich, zwischen den Mahlzeiten, schluckweise trinken. Um die Kiesel säure herauszulösen, ist es wichtig, den Tee zu kochen. Der Tee wird eingesetzt zur Durchspülung bei Nieren- und Blasenbeschwerden sowie bei Bindegewebsschwäche. Wichtig ist, zusätzlich zum Tee reichlich Wasser zu trinken. Der Tee ist auch geeignet zur unterstützenden Behandlung in Form von Auflagen oder Wickeln bei Sehnenscheiden- und Knochenhautentzündungen oder schlecht heilenden Wunden. Dazu Tücher in den Tee tauchen und auf die betroffenen Stellen auflegen.
Immunstärkende Hausteemischung für den Winter
Der Ackerschachtelhalm kann mit Heilpflanzen wie Thymian, Spitzwegerich, Holunder- und Lindenblüten gemischt werden. Durch den hohen Kieselsäuregehalt stärkt der Ackerschachtelhalm das Lungengewebe.
Ackerschachtelhalm-Bäder
100 g Zinnkraut in 2 l Wasser 6 Stunden lang einweichen, anschliessend 5 Minuten lang kochen und abseihen. Diese Abkochung ins Badewasser giessen. Als Vollbad bei Rückenschmerzen oder Sitzbad bei Nieren- und Blasenleiden zusätzlich zur inneren Therapie. Nach dem Bad anziehen und nachruhen.
Hinweis: Bei Wasseransammlungen (Ödemen) aufgrund eingeschränkter- oder Nierentätigkeit sollte der Ackerschachtelhalm nicht innerlich angewendet werden.
Liebe Leserin, lieber Leser, wenn es mir gelungen ist, Sie mit diesem Kräuterartikel zu motivieren und zu ermutigen, selber das eine oder andere Rezept auszuprobieren und Erfahrungen mit den Schätzen der Natur zu gewinnen, freut mich das sehr. Ich wünsche Ihnen viel Freude und gutes Gelingen.
Ihre Ernestine
Quellen und weiterführende Literatur
- Gutman, J., Spiegelberger, R., Fleischhauer, St. G., Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen.
- Fischer-Rizzi, S., Medizin der Erde.
- Kinkele, Th., Alles über Räucherpflanzen.
- Künzle, J., Das grosse Kräuterbuch.
- Ritter, C., Heilpflanzen – Signatur & Botschaft.
- Ruoff, M., Schachtelhalm. Storl, W.D. Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor.
- Von Blarer, U., von Blarer, P., Praxisbuch – Westliche Heilkräuter und Chinesische Medizin.
Kräuterkurse und Kräuterrundgänge mit Ernestine
Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis in Fruthwilen, im Thurgau. In Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter.
Nähere Informationen zum Kursangebot unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.
Die Anwendung der angeführten Rezepturen erfolgt auf eigene Verantwortung und ersetzt keinen Arztbesuch. Eine Haftung der Verfasserin bzw. der Redaktion ist ausgeschlossen.
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NATURZYT Ausgabe Dezember 2021, Text Ernestine Astecker Fotos Ernestine Astecker, Adobe Stock