Das Jahr geht zu Ende und die Fledermäuse haben sich in ihren Winterschlaf zurückgezogen. Tiere, die während ihres Schlafes gestört werden, erhalten einen modernen Überwinterungsplatz bei der Stiftung Fledermausschutz.
Im Winter ist es ruhig am Fledermausschutz-Nottelefon der Stiftung Fledermausschutz. Nur ab und zu wird eine Fledermaus aus ihrem Winterschlaf gerissen und braucht Hilfe. Gründe für Tiere in Not sind in dieser Jahreszeit Bauarbeiten, Forstarbeiten, Verletzungen durch Katzen oder der Abbau von Scheiterbeigen, in die sich Fledermäuse gerne für ihren langen Schlaf zurückziehen. Die Fledermaus-Notpflegestation am Zoo Zürich bietet im Keller unterhalb der Station ein Ersatzquartier für Fledermäuse, die ihren ursprünglichen Unterschlupf verloren haben oder verletzt aufgefunden wurden. So verschlafen momentan knapp 20 Fledermäuse den Winter in einer modernen Klimakammer und warten auf den nächsten Frühling. Die Artenvielfalt bei den Pfleglingen ist gross. Aktuell werden acht verschiedene Fledermausarten beherbergt, darunter Zweifarbfledermäuse, Weissrandfledermäuse, Abendsegler und Rauhautfledermäuse.
Fledermäuse halten Winterschlaf
Fallen die Temperaturen in der Nacht unter 8–10 ° C, fliegen in unseren Breitengraden nur noch wenige Insekten. Die einheimischen Fledermäuse finden jetzt kaum mehr etwas zu fressen und halten deshalb einen Winterschlaf. Meist dauert dieser von November bis März, kann aber je nach Witterung und Fledermausart auch länger oder kürzer ausfallen. Um die kalte und nahrungsarme Jahreszeit zu überdauern, ist ein ausreichendes Fettdepot notwendig, von dem die Tiere im Winterschlaf zehren können. Das Fettpolster ist bei einer gut genährten Fledermaus im Nacken ertastbar und ist in der Pflege ein wichtiger Hinweis auf den Gesundheitszustand der Findlinge. Bei ungenügenden Reserven heisst es in der Fledermaus-Notpflegestation: wach bleiben und weiterfressen, bis das optimale Winterschlafgewicht erreicht ist.
Im Winterschlaft ist Energie sparen angesagt um zu überleben
Das während des Herbstes aufgebaute Fettpolster im Fledermausnacken ist aber längst nicht alles: Es sind noch weitere Anpassungen notwendig, um die kalte Zeit unversehrt zu überstehen. Um mit den gespeicherten Energiereserven möglichst haushälterisch umzugehen, schalten die Fledermäuse während des Winterschlafs auf «Sparmodus» um: So folgt die Körpertemperatur einer winterschlafenden Fledermaus weitgehend der Umgebungstemperatur bis nahe an den Nullpunkt. Dann wird es zu kalt und das Tier muss seinen Winterschlafplatz wechseln oder es droht der Erfrierungstod. Die Herzfrequenz fällt von über 1000 Herzschlägen pro Minute im Flug auf gerade einmal ein Dutzend während des Winterschlafs. Atemzüge macht die Fledermaus in diesem Zustand nur noch etwa zwei in der Minute. Die Energieersparnis im Vergleich zum Wachszustand ist enorm! Der Winterschlaf wird jedoch natürlicherweise von regelmässigen, kurzen Wachphasen unterbrochen, die aber sehr viel Energie kosten. Beim Aufwachen aus dem Winterschlaf im Frühling haben Fledermäuse bis zu 40% ihres Gewichtsverloren. Abnehmen im Schlaf … wer wünscht sich das nicht!
Aufwachvorgänge können aber auch aktiv durch Störungen wie Temperaturänderungen, Berührungen, Erschütterungen, Lärm oder Licht eingeleitet werden. Diese zusätzlichen Wachphasen und der damit verbundene Energieverlust könnten dazu führen, dass die Reserven nicht ausreichen und die Überlebenswahrscheinlichkeit im Winterschlaf deutlich verringert ist. Die Pfleglinge in der Fledermaus-Notpflegestation werden zur Sicherheit rund um die Uhr mit einer Wärmebildkamera überwacht, so dass eingegriffen werden kann, falls eine Fledermaus zu lange wach ist und viel Energie verliert. Zusätzlich werden die Tiere alle paar Wochen während kontrollierten Weckungen gewogen und wenn nötig kurzzeitig zugefüttert. Mit diesen Methoden können Verluste während des Winterschlafs in der Fledermaus-Pflege nahezu vollständig verhindert werden.
Gute Verstecke können zu Todesfallen werden
Leider sind die von den Fledermäusen aufgesuchten Verstecke nicht immer für den Winterschlaf geeignet und es kommt vor, dass Tiere gestört werden und in Not geraten. Ein bekanntes Beispiel und ein sehr häufiger Fall am Fledermausschutz-Nottelefon sind Scheiterbeigen: An Hausfassaden aufgestapelt, bieten sie ein beliebtes Winterschlafquartier für die Rauhautfledermaus, einen häufigen Wintergast. Diese Fledermausart verkriecht sich gerne zwischen den Holzstücken, die auf den ersten Blick optimal für die Überwinterung scheinen: Die Scheiterbeige ist kühl, aber frostsicher und die engen Spalten unzugänglich für Fressfeinde. Doch im Winter wird das Holz verwendet und der Holzstapel abgetragen. Da die Tiere klein sind, sich kaum bewegen und mit ihrem braunen Fell gut im Holz getarnt sind, wandern sie oft unbemerkt mit dem Stück Feuerholz mit. Dies wird ihnen zum Verhängnis, denn sie sind während de s Winterschlaf s völlig hilflos. Um wegfliegen zu können, müsste sich die Fledermaus mit Zittern zuerst ausgiebig aufwärmen, und dies kann bis zu 30 Minuten dauern. Bis dann ist das Holzstück manchmal bereits im Feuer gelandet oder die Katze im Haus erfreut sich am Wintergast. Deshalb heisst es aufgepasst: Jedes Holzstück sollte genau untersucht werden, bevor es in die warme Stube gebracht wird. Wenn dabei eine Fledermaus entdeckt wird, kann beim Fledermausschutz-Nottelefon 079 330 60 60 jederzeit Rat eingeholt werden.
Gut und sicher versteckt ist die Devise
Neben der Scheiterbeige benutzen unsere einheimischen Fledermäuse auch andere Unterschlüpfe als Winterquartiere. Je nach Fledermausart werden Spalten und Ritzen oder Höhlen bevorzugt. Einiges haben diese Rückzugsorte aber gemeinsam: Die Temperatur darf nicht deutlich unter 0 Grad Celsius fallen und die Luftfeuchtigkeit muss für einige Fledermausarten sehr hoch sein. Die Königinnen der Nacht suchen sich im Herbst deshalb sehr sorgfältig ihre Winterquartiere aus. Dies können Baumhöhlen, Felshöhlen, Keller, aber auch Ritzen oder Storenkästen an Häusern sein.
Moderne Klimakammer für Fledermauspfleglinge
Die Fledermaus-Notpflegestation bot bis anhin im dazugehörigen Naturbodenkeller ein Ersatzquartier für jährlich 40–80 winterschlafende Fledermäuse, die ihren ursprünglichen Unterschlupf verloren hatten und kontrolliert überwintert werden mussten. Dieses Jahr gingen diese bisher guten Winterschlafbedingungen aber wegen Renovationsarbeiten im Keller verloren und eine neue Lösung musste her: Seit wenigen Monaten steht deshalb eine grosse, begehbare Klimakammer für die Überwinterung der Fledermäuse bereit. Die moderne Kühlzelle bietet Platz für mehrere grosse Zelte, die nach den spezifischen Winterschlaf-Bedürfnissen der einzelnen Fledermausarten eingerichtet werden. Mit dem optimalen Innenausbau und der moderner Kühltechnik steht einem guten Schlaf der Fledermäuse also weiterhin nichts mehr im Wege.
Die Stiftung Fledermausschutz
Das Hauptanliegen der Stiftung Fledermausschutz ist die Sympathiewerbung für Fledermäuse, denn nur wer Fledermäuse kennt, kann Fledermäuse schätzen und schützen. Die Stiftung Fledermausschutz ist die Drehscheibe für fledermauskundliige Informationen in der Deutschschweiz und im Tessin. Sie berät Behörden, Fachpersonen und die Bevölkerung bei der Umsetzung der bundesrechtlichen Schutzbestimmungen. Am Zoo Zürich unterhält sie die Ausstellung «Fledermaus-Welt» und bietet für die interessierte Bevölkerung zahlreiche Ausbildungslehrgänge und Events an, um Fledermäuse hautnah erleben zu können. Die Stiftung Fledermausschutz betreibt mit Unterstützung des Zoos Zürich und des Zürcher Tierschutzes das Fledermausschutz-Nottelefon und die Fledermaus-Notpflegestation. Darüber hinaus engagiert sie sich für die Umsetzung konkreter Schutzprojekte. Helfen Sie uns, unseren Fledermäusen zu helfen!
Spendenkonto: PC 80-7223-1, IBAN CH71 0900 0000 8000 7223 1
Stiftung Fledermausschutz
Zürichbergstrasse 221
8044 Zürich
Sekretariat: 044 254 26 80
Fledermausschutz-Nottelefon: 079 330 60 60
www.fledermausschutz.ch
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NATURZYT Ausgabe Dezember 2022, Text Katja Schönbächler, Foto Stiftung Fledermausschutz