Liebe garten- und naturbegeisterte Leserinnen und Leser, ich freue mich sehr, Ihnen von nun an in jeder Ausgabe den naturnahen Garten ein bisschen näher zu bringen. Ich verwende bewusst den Begriff „naturnaher Garten“ und nicht „Naturgarten“.
Während im klassischen Naturgarten alles der Natur überlassen ist, wird diese im naturnahen Garten von Menschenhand, entsprechend seinen Ideen und Vorstellungen, geformt. Damit haben im naturnahen Garten auch einige Zierpflanzen Platz, sofern sie nicht überhand nehmen.
Was ist ein naturnaher Garten?
Aber was genau versteht man unter einem naturnahen Garten? Ein naturnaher Garten ist Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen. Die jeweiligen Bedürfnisse von allen werden, so gut es geht, berücksichtigt. Der naturnahe Garten beherbergt eine grosse Zahl an verschiedenen einheimischen Pflanzen- und Tierarten und trägt auch zu deren Erhalt bei. Die Gestaltung und Pflege erfolgt mit und nicht gegen die Natur. Ziel ist es, der Natur mehr Zeit und Raum zur Entfaltung zu lassen. Es spielt überhaupt keine Rolle, wie gross der Garten ist. Jeder Garten lässt sich naturnah gestalten.
Was bezwecken wir denn überhaupt mit einem naturnahen Garten und warum ist es mein grosser Wunsch, dass möglichst viele GartenbesitzerInnen sich mit dem naturnahen Garten anfreunden, oder noch besser, sich ihm verschreiben?
Die Zerstörung der natürlichen Landschaften
Die Zerstörung der natürlichen Landschaften in der Schweiz hat dramatische Formen angenommen. Zahlreiche Neubausiedlungen sind in den letzten Jahren entstanden mit vielen kleinen Gärten. Natürlich können diese Kleingärten niemals zusammenhängende Landschaften ersetzen, aber trotz ihrer kleinräumigen Struktur wären sie für viele Tiere begehrter als gemeinhin angenommen, vorausgesetzt eben der Garten ist naturnah angelegt. Was wir aber meist vorfinden sind sterile, monotone „Grünflächen“, bestehend aus einem regelmässig geschnittenen Rasen und einer Hecke aus exotischem Gehölz. Von Vielfalt und Kreativität fehlt hier jede Spur. Ein solcher Garten ist für die einheimische Tierwelt quasi eine grüne Wüste. Denn die Tiere finden hier weder genügend Nahrung noch sicheren Unterschlupf, ausser vielleicht in der Hecke.
Mehr Natürlichkeit statt Ordnung im Garten
Leider haben wir Menschen, und da will ich mich gar nicht ausschliessen, ein mehr oder weniger grosses Bedürfnis nach Ordnung und Sauberkeit, auch im Garten. Dies widerspricht aber gänzlich den Bedürfnissen der Tierwelt: je mehr Laubhäufen, je mehr Dickicht umso besser, denn wer verzichtet gerne auf ein Versteck, wenn er im nächsten Augenblick von seinem „Feind“ gefressen werden könnte? Im naturnahen Garten lässt sich beides verwirklichen.
Und vielleicht, wer weiss, können auch wir Menschen endlich etwas mehr Natürlichkeit in unseren Gärten zulassen und erfreuen uns über das neue Gartenbild, über die da und dort auftauchenden Pflanzen und Tiere.
Merkmale eines natürlichen Gartens
Öffnen wir also unser Herz für unsere Mitlebewesen und bereichern wir unseren Garten mit einigen der typischen Merkmale eines naturnahen Gartens:
- einheimische, standortangepasste Pflanzen
- Unterschlüpfe für Tiere in Form von Ast-, Stein- und Laubhaufen
- Kompost
- Nisthilfen
- Förderung von Nützlingen, die Blattlaus und Co. an den Kragen gehen
- Verzicht auf chemische Spritz- und Düngemittel
- unverfugte Mauern und nicht versiegelte Wege und Plätze
Ein Naturerlebnis für Gross und Klein
Ein naturnaher Garten verursacht zudem wenig Kosten, da auf einheimische Pflanzen gesetzt wird, die an unser Klima angepasst sind und nicht, wie der kurzlebige Saisonflor, jedes Jahr neu gekauft werden müssen. Auch der Pflegeaufwand ist nicht grösser als in einem sterilen Garten, in dem jede Woche der Rasen gemäht werden muss. Aber der naturnahe Garten bringt einen entscheidenden Vorteil mit sich: auf einmal besuchen uns Schmetterlinge, die den Nektar aus unseren einheimischen Pflanzen holen und leicht in der Luft tanzen, Vögel tauchen auf, die die Beeren an unserer einheimischen Hecke stibitzen, und Bienen summen von Blüte zu Blüte und sorgen durch die Bestäubung für Früchte im Herbst.
Kurzum: ein naturnaher Garten ist ein Naturerlebnis für Gross und Klein
Ich hoffe, ich habe Sie nicht nur gluschtig gemacht auf das Erlebnis naturnaher Garten, sondern konnte Sie auch von dessen Notwendigkeit und Vorteilen überzeugen. Ich freue mich, in Zukunft viele solch wunderschöne, von Kreativität und Vielfalt geprägte Gärten zu sehen.
Ihre Claudia Ebling
Claudias Frühlingstipp - Es ist Zeit für den Frühjahrsputz im Stauden- und Blumenbeet!
Die Temperaturen steigen und mit ihnen fangen auch die jungen Triebe der Stauden im Beet zu wachsen an. Spätestens jetzt entfernen wir die letztjährigen, verdorrten Stängel, um dem jungen Grün Platz zu machen. Die alten Stängel schichten Sie in einer ungestörten Ecke Ihres Gartens zu einem Haufen auf. Oft befinden sich nämlich in den Stängel noch überwinternde Insekten, die nun langsam erwachen und so genug Zeit haben, heraus zu kriechen.
Haben Sie zwischen den Stauden freie Flächen, können Sie diese mit einer Grabgabel lockern. Dabei einfach in den Boden stecken, einmal hin- und herbewegen und im Abstand von ein paar Zentimeter immer wieder wiederholen. Das ist alles. Auf keinen Fall mit dem Spaten umgraben, dabei würde die wertvolle Arbeit von Regenwürmern und anderen Bodenlebewesen komplett zerstört. Allfällige unerwünschte Kräuter können Sie dabei auch gleich entfernen. Sie brauchen die Beete nicht komplett zu säubern, Laub dient stets als Kälteschutz und Unterschlupf für Insekten und verrottet sowieso mit der Zeit.
Weitere naturnahe Gartenthemen die spannend sind:
Die Zauneidechse als seltener Gast im Garten
Wildbienen: Lebensraum und Nistplätze
Die Weinbergschnecke im naturnahen Garten
NATURZYT Ausgabe April 2013, Text Claudia Ebling, Fotos Claudia Ebling, Gärtnerei Zulauf AG, Schinznach-Dorf