Liebe garten- und naturbegeisterte Leserinnen und Leser, Spüren Sie es schon, das Kribbeln im Körper, den Drang, hinaus an die frische Luft zu gehen und den Garten frühlingstauglich zu machen? Wenn nicht, sind Sie in guter Gesellschaft mit der Zauneidechse (lacerta agilis). Sie erwacht auch erst so gegen Ende März / Anfang April, wenn die Sonne schon ein bisschen Kraft hat, um sie zu wärmen.
In dieser Ausgabe möchte ich über die Zauneidechse, ihren Lebenszyklus und ihren Lebensraum berichten. Speziell aber darüber, was Sie persönlich in Ihrem Garten zum Wohle der Zauneidechse beitragen können.
Den Organismus in Schwung bringen
Die Zauneidechse ist tagaktiv. Nach dem Aufstehen sucht sie sich als Erstes ein sonniges Plätzchen, um den Organismus in Schwung zu bringen und Energie für den ganzen Tag zu tanken. Ihre Körpertemperatur ist nämlich von der Umwelt abhängig. Dazu sitzt sie gerne auf direkt besonnten Steinen, Holzhaufen oder Wurzeln, von denen sie bei Gefahr auch schnell abtauchen und sich in Sicherheit bringen kann. Gefahr lauert nämlich von überall: Vögel (Greifvögel, Raben, Stare, Amseln), Marder, Füchse, Igel, Schlangen und Katzen. Vor allem am Morgen, wenn die Zauneidechse ihre «Betriebstemperatur» noch nicht erreicht hat, ist sie langsam und somit eine leichte Beute. Gerät die Zauneidechse in höchste Gefahr, hat sie die Möglichkeit, ihren Schwanz an einer von mehreren sogenannten Sollbruchstellen abzuwerfen. Der Feind soll vom abgefallenen, zappelnden Schwanzstück abgelenkt werden und ihr so die Flucht ermöglichen. Der Schwanz wächstwieder nach, allerdings nur einmal und er bleibt kürzer.
Nach dem Sonnenbad ist es Zeit, sich etwas für den Magen zu besorgen. Da bieten sich Insekten wie Heuschrecken, Käfer und deren Larven, Ameisen, Spinnen und Regenwürmer an. Ihren Durst löscht sie mit Regenoder Tautropfen.
Paarungszeit der Zauneidechse
So gegen Ende April häuten sich die Zauneidechsen ein erstes Mal und bald darauf beginnt die Paarungszeit. Die Männchen zeigen sich von ihrer Bauchseiten sind ganz grün gefärbt. Diese Verfärbung dauert bis zum Ende der Paarungszeit Ende Juni.
Ab Mai fangen die Weibchen an, Eier zu legen. Dazu brauchen sie direkt besonnten, freien, weichen (sandigen) Untergrund, in den sie ca. 10 cm tiefe Löcher graben und dort hinein ihre Eier legen. Je nach Wetter und Temperatur im Inneren des Eiablageplatzes dauert es zwei Monate, bis die Jungen schlüpfen. Sie sind dann etwa 5–6 cm lang.
Sobald die Eidechsen genug Reserven für den Winter angelegt haben, machen sich die Männchen bereits im August auf, in ihr Winterquartier zu ziehen. Die Weibchen folgen ihnen im September.
Keine Freude an aufgeräumten Gärten
Die Zauneidechse stellt an ihren Lebensraum nicht allzu grosse Ansprüche, aber mit aufgeräumten Gärten, Landschaften und Kulturlandschaften kann sie nichts anfangen. Sie braucht viele sonnige, trockene und offene Plätze, die sich mit dichter bewachsenen Stellen abwechseln. Auch braucht sie in unmittelbarer Umgebung ihrer Sonnenplätze Verstecke wie Ast- und Steinhaufen, Wurzelstöcke oder Altgrasstreifen.
In der Schweiz ist die Zauneidechse auf der Roten Liste als gefährdet eingestuft. Dies vor allem durch Lebensraumverlust, Zersiedelung der Landschaft und Zerstörung der Kleinstrukturen durch intensive Landwirtschaft. Unter Kleinstrukturen versteht man Ruheplätze, Vernetzungen, Trittsteine, um von A nach B zu gelangen in einer grossflächigen, monotonen, unstrukturierten Landschaft.
Kleinstrukturen für Zauneidechsen bauen
Solche Kleinstrukturen bieten sich aufgrund der bereits vorhandenen Kleinräumigkeit sehr gut im Siedlungsraum als Vernetzung an. Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass verschiedene Kleinstrukturen vorhanden sind und die Abstände dazwischen nicht mehr als ca. 30 m betragen. Tiere verbringen nicht ihr ganzes Leben nur auf einem Stein- oder Asthaufen, sondern wandern zwischen den verschiedenen Kleinstrukturen umher. Geeignete und im Garten gut umsetzbare Kleinstrukturen für Eidechsen sind:
Steinhaufen
Steinhaufen baut man am besten an einer gut besonnten, ruhigen Lage. Die Steine speichern die Wärme und leiten sie ins Innere des Haufens weiter. Steinhaufen werden von den Tieren gerne benutzt, um sich aufzuwärmen. Steinhaufen sind einfach anzulegen und haben dauerhaften Bestand. Der Grösse des Steinhaufens sind keine Grenzen gesetzt, je grösser, desto besser. Benötigt werden Steine unterschiedlicher Grösse und Form, um optimale Zwischenräume zu schaffen. Der Boden, der wasserdurchlässig sein muss, sollte etwa 30 cm tief aufgelockert werden, darauf werden einige wenige grosse Steine (sogenannte Stützsteine) verteilt, sodass viel Zwischenraum entsteht.
Ein solcher Steinhaufen ist kein frostsicheres Winterquartier. Erst in einer Tiefe ab ca. 80 cm (abhängig von der Höhe des Wohnortes) ist eine frostfreie Überwinterung möglich. Da im Siedlungsraum oft eine grosse Katzenpopulation vorhanden ist, kann es sinnvoll sein, den Steinhaufen und seine Sonne tankenden Bewohner mit Dornenästen zu schützen.
Ein Steinhaufen kann grundsätzlich das ganze Jahr angelegt werden, jedoch sollte das Aufschichten auf bestehende Haufen während der Winterpause (November bis März) durchgeführt werden. Alle paar Jahre sollte der Steinhaufen von Pflanzen befreit werden, damit er weiterhin die Funktion als Wärmespeicher ausüben kann.
Eine Alternative zum Steinhaufen kann eine Trockenmauer sein, die aus regionalen Natursteinen fachgerecht und ohne Mörtel zwischen den Steinen aufgebaut wird. Auch hier müssen zwischen den Steinen genügend Hohlräume als Unterschlupf vorhanden sein. Ein Steinhaufen dient übrigens nicht nur Zauneidechsen als Lebensraum, sondern auch verschiedenen Insekten wie Wildbienen, Schmetterlingen, Käfern, Spinnen oder Igeln und Amphibien.
Asthaufen
Schichten Sie dicke und dünne Äste aus dem Garten an einem besonnten Ort auf einen grossen oder kleinen Haufen. Ein solcher Haufen wird übrigens auch Totholzhaufen genannt, aber er ist alles andere als tot. Mit der Zeit siedeln sich dort Flechten, Pilze, und Moose an. Für die Tiere bietet ein solcher Haufen Wohnung (Spinnen, Asseln, Käfer, Wildbienen), Rückzugsgebiet (Erdkröten, Molche, Zauneidechsen, Spitzmäuse), Nistplatz (Zaunkönig, Rotkehlchen, Grasmücke) und Überwinterungsplatz (Igel, Marienkäfer, Schmetterlingspuppen).
Mit der Zeit zerfällt das Holz in Humus, deshalb schichten wir jedes Jahr die neu im Garten anfallenden Äste und Zweige oben drauf. Hat man im Garten genügend Platz, kann man den Totholzhaufen mehrere Meter lang machen. Auch trockengelagerte und nicht für Brennholz benötigte Holzscheite sind gute Totholzhaufen. Die Hohlräume zwischen den Scheiten werden vonden verschiedensten Tieren genutzt.
Eidechsenhaufen
An einer besonnten und besonders geschützten Stelle, zum Beispiel entlang von Hecken, Waldrändern usw. schichtet man zuerst ca. 0,5 m dünnes Material auf. Dies kann trockenes Schnittgut (Heu, Schilf) aber auch Sägemehl, Mist oder trockenes Laub sein. Darauf legt man anschliessend eine gleich dicke Schicht sperriger Äste oder Holzstücke. Nun die Äste noch einmal mit 0,5–1 m dünnem Material zudecken. Das Ganze wiederholen, bis der Haufen eine Höhe von ca. 1,0–1,5 m erreicht hat. Zu hoch hat keinen Wert, da die unteren Lagen sonst zu sehr zusammengepresst werden. Zum Schluss den ganzen Haufen rundum mit dornigen Ästen schützen. Mit der Zeit sackt der Haufen zusammen, dann einfach mit den einzelnen Schichten wieder erhöhen.
Diese Arbeiten sollte man nicht in der Zeit der Winterruhe durchführen (November bis März) und während sich die Eier im Haufen befinden (Juli / August). Neben Zauneidechsen bewohnen den Haufen auch viele Insekten, Blindschleichen, Spinnen und Schnecken.
Möchten Sie noch mehr Infos zu den Kleinstrukturen und deren Aufbau? Folgende Seiten verfügen über sehr gute Informationen: www.karch.ch (Link «Reptilien fördern», Praxismerkblätter), www.birdlife.ch (Link «Material und Service», Merkblätter)
Es wäre schön, wenn möglichst viele Gartenbesitzer/innen vermehrt Kleinstrukturen in ihrem Garten anlegen würden. Und stellen sich keine Zauneidechsen ein, so gibt es noch unzählige andere Tiere, die von diesen Kleinstrukturen profitieren.
Nun wünsche ich Ihnen viel Spass beim Aufstellen von Kleinstrukturen in Ihrem Garten als kleinen, aber enorm wichtigen Beitrag zum Wohle unserer einheimischen Tierwelt.
Herzlich Claudia Ebling
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NATURZYT Ausgabe März 2014, Text/Fotos Claudia Ebling