Dachs und Fuchs auf einer Waldlichtung im Sommer

Immer mehr Wildtiere kommen in die Städte und werden zu unseren Nachbarn. Aber was lockt Füchse und Dachse, Wanderfalken und Marder in die Stadt?

In den dichten Siedlungsgebieten wohnen nicht nur Millionen von Menschen, sondern auch eine Vielfalt an Tieren und Pflanzen findet in unterschiedlichen ökologischen Nischen einen neuen Lebensraum. Die Bevölkerung wächst laufend und die städtischen Gebiete, vor allem in den Grossagglomerationen wie Zürich, Bern, Basel, Aarau/Olten, St. Gallen und Winterthur, wachsen immer mehr in die Natur hinein. Wir Menschen haben uns schon immer gezielt an fruchtbaren Orten niedergelassen, häufig an Flussmündungen. Also an Orten mit besonders hoher Biodiversität. Die Besiedlung mit Häusern und Gärten verändert diese Gebiete und auch ihre Artenvielfalt.

weissbrauner Steinmarder auf eine Treppe vor dem Haus
Wer hat denn hier wieder an der Haustüre geklingelt? Ein Steinmarder stellt sich freundlich vor und entschuldigt sich jetzt schon, falls das Auto morgen nicht mehr läuft.

So wie diese Städte wachsen und komplexer werden, bieten sie auch neue Möglichkeiten für die Tiere. Einerseits brauchen die Städte immer mehr Platz und fressen sich so ins Umland, anderseits entstehen mit mehr Häusern und Parks auch ganz neue Nischen, Unterschlüpfe und Nistplätze, welche durch neue Nachbarn bewohnt werden.

Braune Rehe vor Grabsteinen auf dem Friedhof
Nicht nur Rehe haben unsere städtischen Friedhöfe als neues Zuhause entdeckt. Auch andere Tiere fühlen sich wohl. Ob es die Ruhe ist oder die frischen Blumen, die Besucher netterweise hinstellen?

Genauso wie wir bei Sturm und Wetter lieber in der Stadt unterwegs sind als auf dem offenen Feld, entdecken dies auch die Wildtiere , und vor allem lernen sie auch, dass die Jäger in der Stadt weniger unterwegs sind. Aber auch das grosse Schlaraffenland an Futter, welches wir buchstäblich auf den Müll werfen, ist ein reizvolles Angebot. Weshalb soll der Fuchs auch mühsam auf dem Feld Mäuse jagen, wenn in der Stadt an praktisch jeder Ecke ein leckeres Buff et unseres Überflusses präsentiert wird.

So haben auch Graureiher in der Innenstadt von Amsterdam seit einigen Jahren gelernt, dass, wenn sie vor dem Fischrestaurant hin - und her staksen, ihnen hin und wieder Passanten einen Fisch zu werfen. Oder auch in Londons Parks, wo die Eichhörnchen so zahm sind, dass sie das Futter aus der Hand fressen.

Fischreiher steht auf Holzpfahl am Genfersee
Dieser Fischreiher wartet auf eine gute Fanggelegenheit in der Westschweizer Metropole Genf.

Wenn aber Wildschweine Blumenbeete, Vorgärten und Fussballfelder umwühlen oder der Steinmarder das Autokabel durchbeisst, geschweige denn der Fuchs lärmend in den Mülltonnen wühlt, dann folgt das grosse Aufschreien , und der Wildtierbeauftragte wird gerufen, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Das Zusammenleben auf engem Raum ist nicht immer einfach und verlangt auch Toleranz und eine gewisse Hausordnung. Nicht nur zwischen uns Menschen, sondern auch zwischen Menschen und Tieren.

Eine der wichtigsten heisst : Bitte nicht füttern. In der Regel sind die Wildtiere scheu und verstecken sich, aber wenn sie diese Scheu durch regelmässiges Füttern verlieren, vor allem die Angst vor uns Menschen, dann können freche Erlebnisse, vor allem mit dem Fuchs entstehen. Man hat schon gehört, dass Füchse während einer Grillparty gerne vorbei kommen, um abgenagte Knochen vom Tisch zu holen. Oder mitten im Bankenviertel einfach mal durch offene Fenster schleichen und auf dem bequemen Ledersofa ein Schläfchen halten.

Wildschweinherde mit Jungen rennen über eine Wiese
Sauwohl fühlen sich in Zürich-Nord auch Wildschweine. Mittlerweile sind es über drei Familienrotten, welche im Grenzgebiet Zürich-Regensdorf- Unterengstringen vor allem in der Dämmerung und nachts umherstreifen.

Nichtsdestotrotz dürfen wir nicht vergessen, dass wir es sind, die den natürlichen Lebensraum der Wildtiere mit Bautätigkeiten, intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen zerstören. Es ist deshalb eine logische Konsequenz, dass wir wilde Nachbarn haben.

So finden Igel in den vielfältigen Strukturen wie Hecken und Büschen neue Unterschlüpfe. Felsbrütende Vögel wie Wanderfalken an Gebäuden neue Nistplätze, Frösche und Amphibien in den künstlich angelegten Seen neue Laichgewässer. Die Stadt wird zu einem gigantischen Kunstfelsmassiv aus Milliarden Tonnen von Stein und Stahl, vielen Parks und künstlichen Seen, wo sich auch Fuchs, Dachs, Eichhörnchen und Wildschweine genauso wohlfühlen wie die urbane Bevölkerung.

Braunes Eichhörnchen isst auf einem Balkongeländer
Ein Eichhörnchen schaut immer wieder gerne auf einem Balkon in Zürich vorbei. Was hat es da allenfalls Feines für mich, was mein Nachbar nicht weggeräumt hat?
Grüne Frösche bei Sonnenlicht auf grauem Stein
Feucht und Nass. Besonders in den städtischen Teichanlagen oder in privaten Teichen fühlen sich alle Arten von Amphibien wohl. Mölche, Kröten und Frösche brauchen es nass.

Wie bei den neuen Nachbarn - unseren Wildtieren im Siedlungsraum - verhalten?

Meistens bekommen wir nicht mit, dass ein neuer Nachbar ab und zu vorbeischaut, wenn wir ihn nicht direkt einladen. Und damit ist gemeint, dass wir uns an eine gewisse Hausordnung halten.

  • Wildtiere sollen wild bleiben. Wenn wir sie regelmässig füttern, weil wir es vielleicht gut mit ihnen meinen, werden sie halb zahm und gewöhnen sich daran. Wenn vor allem Füchse, einmal die Scheu verloren haben, dringen sich auch gerne mal bei uns ein. Und dann beklagen wir uns über den Störenfried. Deshalb gilt : Wildtiere sollen nicht gefüttert werden.
  • Abfallsäcke mit unserem Hausmüll und Essensreste gehören in einen gut verschlossenen Abfallcontainer oder werden erst am Morgen vor der Abfuhr rausgestellt. Essensreste nicht auf den Kompost werfen und auch keine Essensreste in öffentliche Abfallkörbe werfen. Sonst lernt das Wildtier, dass hier sein Buffet reichlich gedeckt ist.
  • Katzen- und Hundefutter nicht über die Nacht im Freien stehen lassen.
  • Freigehege und Ställe für Kleintiere raubtiersicher konstruieren.
  • Freche Nachbarn können mit Wasser oder Lärm schmerzfrei vertrieben werden.
  • Bei Bauten von Füchsen, Marder etc.: Die entdeckten Schlupflöcher tiergerecht verschliessen, natürlich erst dann, wenn sichergestellt ist, dass die Bewohner gerade nicht zu Hause sind.

Mit diesem einfachen Regeln entstehen keine grossen Probleme mit unseren wilden Nachbarn. Also genauso, wie wir uns alle an die Hausordnungen halten, um friedlich miteinander zu leben.


Nachts geht die Post ab bei den Wildtieren im Siedlungsraum

Viele Wildtiere, die in der Stadt wohnen, kommen erst in der Dämmerung und nachts aus ihren Verstecken heraus. Die Fledermäuse heben zur Insektenjagd in die Luft ab, Eulen halten Ausschau nach Kleintieren und der Fuchs überlegt sich, in welchem Abfalleimer ein leckerer Happen versteckt ist. Die Projekte Wilde Nachbarn und StadtWildTiere vom Verein StadtNatur möchten diese heimlichen Siedlungsbewohner sichtbar und erlebbar machen. Gemeinsam mit der Bevölkerung werden Beobachtungen von Wildtieren gesammelt – damit entsteht mit der Zeit in der Summe ein gutes Bild von der Verbreitung und dem Vorkommen der Wildtiere.

Roter Fuchs leckt sich mit Zunge die Schnauze ab
Füchse sind Meister der Anpassung. Kein Wunder, zieht es sie in die reichgedeckten Tische der Städte. Allein in der Stadt Zürich sollen gegen

Die Ziele der Projekte sind:

  • Nur was ich kenne, werde ich schützen: Die Bevölkerung von Städten und Dörfern lernt die grosse Vielfalt an Wildtieren im Siedlungsraum kennen. Sie meldet ihre Beobachtungen und erhält vielfältige Informationen zu den Tieren und Tipps, wie sie diese beobachten, fördern und schützen kann.
  • Schliessen von Wissenslücken: Mithilfe der Bevölkerung werden das Vorkommen und die Verbreitung von Wildtieren im Siedlungsraum erforscht.
  • Grundlagen für Schutz und Förderung: Aufgrund der gesammelten und analysierten Daten besteht eine Grundlage, um die Wildtiere im Siedlungsraum gezielt zu fördern.

Mehr Informationen zum Verein und den Projekten unter www.stadtwildtiere.ch oder

Verein StadtNatur
c/o SWILD
Stadtökologie Wildtierforschung
Wuhrstrasse 12, 8003 Zürich
T 044 508 10 69
Spendenkonto IBAN CH72 0900 0000 6192 1716 8

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NATURZYT Ausgabe März 2023, Text Michael Knaus, Fotos AdobeStock

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