Busshard auf Holzstrunk im Wald

Greifvögel und Eulen sind feste Bestandteile unserer heimischen Fauna. Doch wissen Sie eigentlich, welche Aufgabe sie in der Natur wahrnehmen?

Die Ökologie definiert ein Ökosystem als die Summe der belebten und der unbelebten Natur in einem bestimmten Gebiet. Alle Arten, die dieses Gebiet besiedeln, ihre Wechselwirkungen untereinander und in Bezug zu ihrem Lebensraum formen ein Ökosystem. In einem natürlich ausgeglichenen System hat jede Art, die natürlich in diesem System vorkommt, eine gewisse Aufgabe oder Stellung. Ein Ökosystem ist für die Natur und damit auch den Menschen dann am wertvollsten, wenn die Artenvielfalt innerhalb des Systems hoch ist. Ist eine hohe Biodiversität gegeben, kann die Natur sogenannte Ökosystemdienstleistungen wie eine CO2-Senkungoder den Schutz vor Naturkatastrophenbieten. Das Wegbleiben einzelner Arten kann ein Ökosystem folglich entschieden aus der Balance bringen. Deshalb ist der Erhalt aller Arten eines Ökosystems so essenziell wichtig.

Zwei Sperber auf Holzstamm in der Greifvogelstation

Greivögel übernehmen eine wichtige Rolle im Ökosystem

Die meisten Greifvögel und Eulen in der Schweiz weisen noch einen stabilen Bestand auf. In einem Ökosystem übernehmen sie, wie jedes Lebewesen, wichtige Aufgaben, indem sie eine Stellung in der Nahrungskette einnehmen. Alle Greifvögel und Eulen sind Carnivoren. Das heisst, sie ernähren sich nur fleischlich. Damit stehen sie, je nach Art und Grösse, relativ weit hinten in der Nahrungskette. Einzelne Arten sind Endkonsumenten, also Arten, welche andere Tierarten fressen und selbst keine oder kaum Fressfeinde haben. Alle Fleischfresser, sogenannte Prädatoren, bringen die Voraussetzungen mit, andere Tiere als Beute zu schlagen und zu fressen.

Sperber in der Greifvogelstation ist ein totes Kücken
In der Greifvogelstation Berg am Irchel bekommen die Patienten keine lebenden Tiere. Auf dem Speiseplan dieses Sperbers stehen Eintagsküken.

Beutegreifer, wie zum Beispiel der Sperber, erlegen andere Tiere und nutzen sie dann als Nahrung. Sie zielen beim Beutefang vor allem auf Individuen ab, die krank, schwach, alt oder sehr jung und unerfahren sind. So müssen sie für den Fang weniger Energie aufbringen. Gesunde und starke Individuen sind demzufolge oft gar nicht das Ziel der Greifvögel. Durch diese selektive Vorgehensweise regulieren diese den Bestand ihrer Zielart. Sie sorgen dafür, dass die Beutetierart im Bestand gesund bleibt und nicht überhand nimmt.

Die Geier und Milane verhindert die Ausbreitung Seuchen

Andere Greifvogelarten, wie zum Beispiel die Geier, nutzen Aas als Hauptnahrungsquelle und sorgen damit als sogenannte Destruenten dafür, dass abgestorbene Biomasse zu Mineralien abgebaut wird. Zudem verhindern sie mit dieser Form der Nahrungsaufnahme die Ausbreitung von Bakterien und Viren und damit von Seuchen, welche vom Aas ausgehen könnten. Auch die Destruenten erledigen so eine wesentliche Aufgabe in einem stabilen Ökosystem.

Busshard auf einem Ast mit einer Maus im Schnabel

Auf dem Speiseplan einiger hiesiger Destruenten steht Aas. Damit sind Kadaver von anderen Tieren, welche nicht vom Aasfresser selbst getötet wurden, gemeint. Bartgeier, Steinadler, aber auch Mäusebussarde und Milane fressen Aas. Die beiden grossen Greifvögel der Alpen- und Voralpenregion, der Steinadler und der Bartgeier, ernähren sich von Aas der Tiere, welche mit ihnen den Lebensraum teilten, wie zum Beispiel Gams, Steinbock, Hirsch sowie Murmeltiere und Füchse.

Darunter kann auch mal ein Schaf sein, welches durch Krankheit oder Absturz ums Leben kam. Mäusebussarde und Milane hingegen, Bewohner des Mittellandes, begnügen sich eher mit kleinerem Aas, wie zum Beispiel überfahrenen Igeln oder Feldhasen. Jetzt wissen Sie auch, wieso der Mäusebussard oftmals in der Nähe von Autobahnen gesichtet wird. Er findet dort nicht nur Aas, sondern auch seine Leibspeise, die Mäuse, welche oft in Böschungen neben der Strasse zu finden sind.

Steinadler auf Holzstrunk in der Greifvogelstation
Die Greifvogelstation Berg am Irchel bekommt immer mal wieder Futter-Spenden wie verendete Hühner zum Beispiel. Arten wie der Steinadler sind dankbar dafür.

Die Eulen regulieren die Bestände kleiner Säugetier- und Vogelarten

Bei den Eulen sorgt etwa der Uhu dafür, dass die Bestände kleiner Säugetier- und Vogelarten reguliert werden. Sogar der Igel steht auf seinem Speiseplan. Andere Eulen, wie etwa der Waldkauz oder die Schleiereule, sind sehr erfolgreiche Jäger von Kleinsäugern wie Mäusen oder Ratten. Im Schutz der Dunkelheit und ausgestattet mit perfekten Sinnen können sie auf einen guten Jagderfolg zählen. Nicht nur andere Wildtiere, Kleinsäuger und andere Vogelarten sind Nahrungsquellen der hiesigen Greifvögel und Eulen. Sondern auch Insekten wie etwa Libellen oder Heuschrecken werden besonders von Baumfalken, Wespen von Wespenbussarden gerne gefressen.

Auch die Schweizer Gewässer sind Jagdreviere einiger Greifvogelarten, wie etwa des Schwarzmilans. Der durch die Schweiz ziehende Fischadler ernährt sich von Fischen, welche nahe der Wasseroberfläche schwimmen, oder von Fischen, welche krank sind und sich deshalb dort auf alten.

Steinadler wird von Pflege mit totem Kücken gefüttert
Ein Steinadler wird in der Greifvogelstation von Hand gefüttert.

Der Schutz der Greifvögel ist wichtig

Der Erhalt der Bestände hiesiger Greifvögel und Eulen ist aus den genannten Gründen sehr wichtig. Dass einzelne Arten stabile oder wachsende Bestände aufweisen, ist einerseits dem nationalen Jagdverbot und andererseits den Anstrengungen einiger engagierter Institutionen zu verdanken. Die Greifvögel und Eulen, alle Vögel, ja sogar einzelne Arten haben eine spezielle Aufgabe innerhalb eines Ökosystems. Es kann nicht abschliessend beurteilt werden, was das Fehlen einer einzelnen Art bewirken würde. Es würde jedoch mit Sicherheit das Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen. Und die Wiederherstellung eines Gleichgewichts durch menschliche Eingriff e ist einerseits sehr schwierig bis unmöglich und kann anderseits mehrere Generationen dauern. Nicht zuletzt sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass der Bestand einzelner Greifvogelarten schon empfindlich geschädigt ist. Die Sumpfohreule zum Beispiel ist stark vom Aussterben bedroht. Da sie Feuchtgebiete als Lebensraum benötigt, ist ihr Bestand in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Und etwas ist gewiss: Ist eine Art einmal ausgestorben, so kehrt sie nie wieder zurück! Wir Menschen sind also gut beraten, wenn wir etwas für die hiesigen Arten tun, sodass die Ökosysteme in diesem Land möglichst natürlich erhalten bleiben.

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NATURZYT Ausgabe März 2021, Text Nicole Bosshard, Fotos PanEco, AdobeStock

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