Falke auf Herbstast blickt zur Seite

Greifvögel wie Habichte oder Falken werden immer noch von Zeit zu Zeit Opfer von Vergiftung oder Bejagung. Beides ist in der Schweiz per Jagd- und Tierschutzgesetz verboten. Solche Attacken enden für die Tiere meist tödlich.

Das Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz der wildlebenden Säugetiere und Vögel regelt seit den 1980er-Jahren den Schutz von Wildtieren in der Schweiz. Sämtliche Greifvogel- und Eulenarten dürfen demnach in der Schweiz nicht geschossen werden und stehen unter Schutz. Doch das war nicht immer so. Viele Greifvögel und Eulenarten wurden vor einigen Jahrzehnten noch systematisch gejagt. Damit wurden viele Arten, wie zum Beispiel der Steinadler, an den Rand der Ausrottung gebracht, oder andere, wie etwa der Habichtskauz in Österreich, wurden komplett ausgerottet. Weshalb wurden die schönen Wildtiere geschossen? Von manchen Jägern wurden sie als Jagdkonkurrenz wahrgenommen oder waren als Jagdtrophäen beliebt. Von anderen wurden sie als Bedrohung für die eigenen Haus- oder Nutztiere gesehen. Die Bezeichnung «Raubvogel», welche in vielen Gebieten der Schweiz bis zum heutigen Tag gängig ist, rührt davon.

Nicht nur das Jagd- und Schutzgesetz sorgte schlussendlich dafür, dass sich die Bestände erholen konnten, sondern auch zahlreiche Initiativen von institutionellen und privaten Vogelschützerinnen und Vogelschützern. Durch Zucht- und Wiederansiedlungsprogramme konnten Arten wieder zurück in ihren natürlichen Lebensraum gebracht werden. So gelang es etwa dank Initianten wie der Stiftung Pro Bartgeier, den vor etwa 100 Jahren ausgerotteten Bartgeier wieder zurückzubringen. Das Ansiedlungsprogramm läuft seit rund 10 Jahren und derzeit brüten wieder 14 Paare in der Schweiz.

Habiktskauzküken auf Ast in der Greifvogelstation
Habichtskauzküken «Elisabeth» ist in der Greifvogelstation Berg am Irchel geschlüpft und wurde im Juli im österreichischen Wienerwald wieder angesiedelt.

Greifvögel dürfen nicht gejagt oder vergiftet werden

Greifvögel wurden nicht nur gejagt, sondern auch vergiftet, um sie zu beseitigen. Wobei hier nicht nur in der Vergangenheit gesprochen werden kann, sondern die Methode bis zum heutigen Tag Anwendung findet. Mit einem auf Ködertieren aufgetragenen, hochwirksamen Nervengift werden die Vögel vergiftet. Durch den Verzehr der Köder sterben die Tiere dann meistens relativ schnell und qualvoll.

In der Schweiz wurde eine gezielte Vergiftung im Jahr 2011 Gegenstand einer juristischen Untersuchung. Opfer von Vergiftungsangriffen sind meist Wanderfalken oder Habichte. Vor laufender Streaming-Kamera verendete ein Falkenweibchen. Zu sehen ist das Weibchen mit einer von ihr erbeuteten Taube auf dem Hochkamin in der Josefstrasse in Zürich. Das Tier beginnt die Taube zu rupfen, taumelt und bricht kurze Zeit später tot zusammen.

Durch diesen belegten Fall aufmerksam gemacht, untersuchte man gezielt tot aufgefundene Wanderfalken im Kanton Zürich und dokumentierte mehrere Vergiftungen. In zwei Fällen konnten die Täter ermittelt und überführt werden. Es handelte sich um Taubenzüchter, welche eine ihrer Tauben mit Gift bestrichen. Wanderfalken gelten zuweilen als Feindbild der Züchter, da ihre Zuchttauben Beute für die Falken sind. Oftmals ist es schwierig, solche Vergiftungsfälle nachzuweisen, da die Beweise fehlen. Doch in diesem und in einer Handvoll weiterer Fälle war die Beweislast erdrückend und der Beschuldigte wurde wegen Tierquälerei zur Rechenschaft gezogen.

Verletzter Baumfalke in der Greifvogelstation Berg am Irchel
Verletzter Baumfalke

Nervengifte sorgen bei Greifvögel zu einem schnellen Tod

Oftmals werden hochtoxische Mittel wie Carbofuran eingesetzt. Das Mittel wurde ursprünglich als Insektizid konzipiert und eingesetzt. Seit dem Jahr 2011 ist es jedoch als Bestandteil von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz verboten. Diese Nervengifte sorgen bei Greifvögeln wie Habichten, Wanderfalken oder Sperbern für einen schnellen Tod. Wenn der Vogel die damit präparierte Beute frisst, kommt jede Hilfe zu spät.

In der Greifvogelstation Berg am Irchel konnte demnach leider noch nie ein Greifvogel gerettet werden, welcher auf diese Art und Weise vergiftet wurde. Im Falle des Wanderfalken-Weibchens an der Josefstrasse im Jahre 2011 wurden aber immerhin die Jungtiere der verendeten Mutter in der Greifvogelstation erfolgreich aufgezogen und
ausgewildert. Eine andere Gefahrenquelle für Vergiftungen aasfressender Greifvogelarten wie Adler, Geier, Milane und Bussarde ist das Schwermetall Blei.

Schwermetalle sorgen bei Greifvögel zu schweren Vergiftungen

Alle Schwermetalle, so auch Blei, führen bei Aufnahme zu schweren Vergiftungen. Taggreifen sind davon besonders getroffen, da das Blei, durch die scharfe Säure, schnell gelöst wird und in die Blutbahn gelangt. Dort führt es zu Lähmungen, Organversagen und damit schliesslich zum Tod.

Doch immerhin: Werden flugunfähige Greifvögel gefunden, welche an Bleivergiftungen leiden, kann ihnen meist geholfen werden. Ein Medikament sorgt bei zeitnaher Verabreichung für eine Bindung und Ausscheidung des Bleis und rettet den Wildtieren damit meist das Leben. Das verantwortliche Blei stammt aus der Jagdmunition, und vor allem im Alpenraum, wo Wildaufbruch liegen bleibt und die Geländestruktur eine Bergung nicht ermöglicht, nehmen Adler und Bartgeier das Blei mit der Nahrung auf. Dass der Einsatz von Blei in der Jagd ein Problem sein kann, ist den Jägerinnen und Jägern und den Verantwortlichen in ihren Verbänden bewusst und wird thematisiert. So wurde der Einsatz von Blei in den letzten Jahren entweder ganz verboten oder immer stärker eingeschränkt. So mussten in den letzten Jahren nur wenige Einzelfälle mit Bleivergiftung in der Station Berg am Irchel behandelt werden.

Zwei Wanderfalken sitzen im Käfig der Greifvogelstation Berg am Irchel
Nur selten befinden sich gleich zwei Wanderfalken in der Greifvogelstation zur Pflege.

Schutz der Greifvögel und Eulen wird in der Schweiz immer besser

Im Grossen und Ganzen wurde der landesweite Schutz der Greifvögel und Eulen in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich verbessert. Die Bestände einiger Arten erholen sich, einstmals ausgerottete Arten werden speziell gefördert, und der Einsatz von potenziell giftigen Materialien wie Insektiziden und Blei wurde verboten. Arten und Lebensräume, die einst kurzsichtig und unüberlegt vernichtet wurden, müssen heute mit langem Atem und hohem finanziellem Aufwand wieder angesiedelt bzw. -hergestellt werden. Dafür werden jahrzehntelange Naturschutzbemühungen und Artenförderungsprogramme benötigt, um spezifische Arten in der Schweiz wieder ansässig und stabil zu machen. Bei vielen Arten ist ein Anfang gemacht, das Ziel, stabile Bestände zu erhalten, jedoch noch nicht überall erreicht.

Die Greifvogelstation Berg am Irchel beteiligt sich am Programm «Wiederansiedlung der Habichtskäuze in Österreich». Seit mittlerweile vier Jahren lebt ein Habichtskauz-Zuchtpaar in der Station. In diesem Zeitraum erblickten insgesamt 10 Junge dort das Licht der Welt. Alle Jungvögel wurden nach Österreich transportiert und dort meist im Wienerwald in die freie Natur entlassen. Dieses Projekt wird unter Leitung der Universität Wien sehr erfolgreich durchgeführt. Europas drittgrösste Eule erobert sich so nach ihrer einstigen Ausrottung ihren Lebensraum zurück.

Greifvogelstation Berg am Irchel – eine wichtige Institution im Artenschutz

Veronika von Stockar gründete 1956 in ihrem eigenen Garten die Station. So begann eine 52 Jahre lange Tätigkeit, während der über 3000 Tiere gepflegt wurden. Im Laufe der Jahre gewann die Station schweizweit an Aufmerksamkeit. Die präzise Buchführung über die gefiederten Patienten liefert wertvolle Daten über einheimische Greife. Für ihre ausser gewöhnliche Leistung wurde Veronika von Stockar 2007 mit der Ehrendoktorwürde der Universität Zürich ausgezeichnet. 2008 übergab sie dann die Leitung der Stiftung PanEco, welche 1996 von Regina Frey, Veronika von Stockars Tochter, gegründet wurde. PanEco ist eine gemeinnützige und spendenfinanzierte Stiftung, die sich für Natur- und Artenschutz sowie Umweltbildung in der Schweiz und in Indonesien engagiert.
Heute leitet der Biologe und Ornithologe Andi Lischke die Station. Tatkräftig unterstützt wird er von einem stellvertretenden Leiter, einer Mitarbeiterin für Umweltbildung, einem Zivildienstleistenden undeinem kleinen Team von Freiwilligen.
Möchten Sie die wichtige Arbeit der Greifvogelstation Berg am Irchel direkt mit einer Spende oder einer Patenschaft unterstützen?
Spendenkonto: 8496678 / IBAN CH27 0900 0000 8400 9667 8
Greifvogelstation Berg am Irchel
Stiftung PanEco
Chileweg 5
8415 Berg am Irchel
T 052 318 14 27
info@greifvogel station.ch
www.greifvogelstation.ch 

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Greifvögel schützen: Die gefährliche Welt der Greifvögel

Greifvögel schützen: Beringung und Besenderung von Vögeln

Greifvögel schützen: Der Vogelzug - Quer über den Kontinent


NATURZYT Ausgabe September 2020, Text Nicole Bosshard, Fotos PanEco

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