Liebe garten- und naturbegeisterte Leserinnen und Leser, hören Sie das Summen und Brummen im Garten? In dieser und der nächsten Ausgabe widme ich mich den Wildbienen. Heute der 1. Akt «Der Lebensraum und die Nistplätze».
Bienen sind Insekten, sogenannte Hautflügler wie die Schmetterlinge, Libellen, Käfer und andere. Die Hautflügler werden in zwei Gruppen unterteilt, die sich im Körperbau stark unterscheiden: die eine Gruppe hat eine sogenannte Wespentaille, die andere hat einen Körperbau, bei dem der Hinterleib nicht tailliert ist, sondern Brustkorb und Hinterteil vereint sind. Dazu gehören auch die Bienen. Vor vielen Millionen Jahren waren Bienen Fleischfresser, und sie machten Jagd auf andere Lebewesen. Diese Eigenschaft haben sie aber im Laufe der Evolution aufgegeben und ernähren sich seitdem nur noch von Pollen und Nektar. Dieser Entwicklungsschritt war mitverantwortlich, dass sich eine immense Blütenpflanzenvielfalt entwickelte.
Weltweit gibt es rund 30 000 Bienenarten, alleine in der Schweiz leben rund 600 Arten, davon ist die bekannteste die Honigbiene. Alle anderen Bienen, inklusive der Hummeln, werden Wildbienen genannt. Diese leben auch fast ausschliesslich solitär, das heisst, sie leben alleine und nicht in einem sozialen Gebilde. Dies tun nur die Honigbienen, die Hummeln und einige Arten der Furchenbienen.
Wildbienen sind ausgesprochen friedliche Tiere und stechen äusserst selten, ganz im Gegenteil zu Honigbienen, die sich schnell einmal provoziert oder bedroht fühlen.
Die Wildbienenarten in Europa unterscheiden sich meist nur durch kleine Unterschiede in ihrem Aussehen. Die Grössenunterschiede jedoch sind beträchtlich, variieren sie doch zwischen wenigen Millimetern bis fast 3 Zentimetern.
Sehr grosse Unterschiede finden wir auch in der bevorzugten Art des Nistplatzes und der Nahrungspflanzen.
In der heutigen Ausgabe der NATURZYT stehen der Lebensraum sowie die verschiedenen Nistplätze im Vordergrund.
Lebensraum
Wildbienen bevorzugen warme und trockene Lebensräume. Einige Beispiele hierfür sind Halbtrockenrasen, Wald- und Heckensäume, Flussauen, Sand-, Kies- und Lehmgruben, Ruderalflächen, Obstgärten mit grosser Pflanzenvielfalt usw. Sie kommen aber kaum in Wäldern oder in Feucht gebieten vor.
Innerhalb dieser Lebensräume ist es wichtig, dass die für fast alle Wildbienen wichtigsten drei Faktoren vorhanden sind: eine gute Besonnung über einen möglichst langen Zeitraum, ein vielfältiges, abwechslungsreiches Nahrungsangebot von Februar bis November und viele unterschiedliche Kleinstrukturen. Das sind Hecken aus einheimischen Sträuchern, Trockenmauern, Blumenwiesen, Wildblumenrabatten und stehendes oder liegendes Totholz.
Obwohl Wildbienen in den unterschiedlichsten Lebensräumen vor kommen, sind sie stark bedroht. Pestizide und Herbizide in der Landwirtschaft, Betonierung der Böden, unser Zwang nach Ordnung und Aufgeräumtheit nicht nur in den Privatgärten, sondern leider zunehmend auch in der Land- und Forstwirtschaft machen den Wildbienen das Leben schwer. Sie finden nicht nur zu wenig Nistplätze, sondern auch noch zu wenig Nahrungspflanzen. Oft liegen die beiden wichtigen Ressourcen zu weit auseinander, denn Distanzen von mehr als 300 m zwischen Nist- und Nahrungsplatz gehen auf Kosten der Fortpflanzung. Die Anzahl der Brutzellen nimmt ab.
Nistplätze
Wildbienen nisten an den unterschiedlichsten Orten. Dabei unterscheidet man zwischen selbst gegrabenen oder genagten Nistgängen (Erde, offene Bodenflächen, markhaltige Pflanzenstängel, Totholz, Sand-Lehmsteilwände) oder sie nutzen vorhandene Löcher, Gänge, Spalten (Schneckenhäuser, Frassgänge von anderen Insekten, Totholz, hohle Pflanzenstängel, Trockenmauern, Felsspalten).
Für ihre Nistplätze brauchen die Wildbienen Baumaterial. Welches Material das ist, ist genetisch festgelegt. Da in Nistgängen mehrere Brutzellen vorhanden sind, müssen diese durch Zwischenwände abgetrennt werden. Dies tun die Bienen mit Pflanzenmark und Holzpartikeln. Mauer- und Mörtelbienen hingegen brauchen für ihren Nestbau Sand und Lehm. Es werden aber auch Harze, Laubblätter, Pflanzenhaare oder Blütenblätter für den Nestbau verwendet.
Seit einigen Jahren ist förmlich ein Boom in Sachen künstliche Nisthilfen für Wildbienen ausgebrochen. Meist ist das Hauptaugenmerk auf das Aussehen, auf möglichst trendige Farben und Formen, gerichtet und weniger auf die Funktionstüchtigkeit solcher Nisthilfen.
Viel wichtiger wäre es, ihre natürlichen Lebensräume zu erhalten oder zu schaffen. Viele benötigten Kleinstrukturen lassen sich ohne Probleme in den Privatgarten integrieren. Einige Beispiele dazu:
Markhaltige Pflanzenstängel
Brombeerstängel oder andere markhaltige Stängel von Himbeeren, Holunder, Heckenrosen, Königskerzen, Disteln werden in ca. 50 cm lange Stücke geschnitten, zusammengebunden und vertikal an Zäunen, Hauswänden oder wo auch immer gut befestigt.
Zuerst werden diese Stängel von Wildbienen besucht, die in das Mark selber Gänge fressen. Diese Wildbienen kommen nur einmal, danach werden die Stängel hängen gelassen für hohlraumnistende Wildbienen oder andere Insekten. Erst wenn die Pflanzenstängel seitlich eingerissen sind, ist es Zeit, sie abzuräumen und durch neue zu ersetzen.
Totholz
Natürliches Totholz in Form von abgestorbenen Bäumen ist ein Eldorado nicht nur für Wildbienen. Sehr beliebt als Nistplatz ist sogenanntes weissfaules Holz, hauptsächlich von Obstbäumen. Der Kern des Stammes ist von Weissfäulepilzen schon derart zersetzt, dass das Material weich und faserig geworden ist. Perfekt, um Nistgänge zu graben. Wenn Sie mehr über das spannende Leben der Wildbienen wissen möchten, kann ich Ihnen das Buch «Wildbienen – die anderen Bienen» von Paul Westrich sehr empfehlen.
Ich freue mich auf den 2. Akt, "Wildbienen Blütenpflanzen im naturnahen Garten". Dort berichte ich dann über das Nahrungsangebot der Wildbienen. Bis dahin wünsche ich Ihnen eine gute Zeit.
Herzlich
Claudia Ebling
www.natur-im-garten.ch
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NATURZYT Ausgabe März 2015, Text Claudia Ebling, Fotos wildbee und Claudia Ebling