Wir sind nicht die einzigen Lebewesen auf diesem Planeten, doch wir sehen die Dinge immer nur aus unserer Sicht. Wie aber wäre es, wenn wir hören könnten, was unsere 4-, 8- oder 111-beinigen Mitbewohner dieser Erde uns zu sagen haben? Was würden sie wohl über uns Menschen denken, und wie würden sie ihr Zusammenleben mit uns empfinden?
Eine spannende Idee – sähen wir das ganze einmal aus ihrer Sicht und erführen, was sie uns alles zu sagen hätten. Naturzyt hat sich deshalb entschlossen, neue Wege auszuprobieren und sich darüber Gedanken zu machen, was wäre, wenn sie wie wir sprächen und wir sie einfach fragen könnten.
Sie verwandeln abendliche Sommerspaziergänge an Teichpromenaden in Konzertgänge. Strassen werden für ihre sichere Wanderung zeitweise gesperrt. Auf diversen französischen und belgischen, ja selbst auf Schweizer Speisekarten sind Teile von ihnen als Delikatesse zu finden. Von einer Märchenprinzessin an die Wand geworfen, verwandelte er sich sogar in einen König – unser Frosch.
Bei einem Ausflug in den wunderschönen Park Seleger Moor traf ich an einem der Teiche auf ein paar wunderschöne Frösche. Da es schon gegen Abend ging, machten sie sich gerade bereit, eines ihrer Konzerte zu geben. Einer, der ganz nahe am Rand des Teiches sass, gab gerade ein wunderschönes Quaak zum Aufwärmen von sich. Mal sehen, ob er wohl noch Zeit hat für ein kleines Interview.
GUTEN ABEND, DU HÜBSCHER SÄNGER. DU BIST WOHL GERADE DARAN, DICH EINZUSTIMMEN. HÄTTEST DU NOCH ETWAS ZEIT FÜR EIN KLEINES INTERVIEW MIT MIR?
Quaak, du findest mich hübsch? Normalerweise bezeichnet man mich eher als garstig, quaak.
JA, DAS FINDE ICH. MIT DEINER GRÜNEN HAUT UND DEN HÜBSCHEN DUNKLEN ZEICHNUNGEN DARAUF SIEHST DU SEHR SCHICK AUS.
Danke, quaak, das höre ich sehr gerne, quaak. Und du möchtest wirklich mit mir reden, quaak?
JA, DAS WÄRE TOLL. WENN DU NEBEN DEINEM GESANG DAFÜR NOCH ZEIT FINDEST?
Quaaaak, quaak, quak, natürlich sehr gerne, wasmöchtest du denn wissen?
ICH WÜRDE GERNE ETWAS ÜBER DICH, DEINE ART UND DEIN LEBEN WISSEN. UND NATÜRLICH AUCH DEINEN NAMEN, DAMIT ICH WEISS, MIT WEM ICH DIESES SPEZIELLE INTERVIEW FÜHREN DARF.
Ich bin, quaak, Phinneas. Phinneas Frosch. Und du, quaak, wie heisst du?
ICH BIN GINI UND MACHE INTERVIEWS MIT VERSCHIEDENEN TIEREN, UM DEN MENSCHEN ZU ZEIGEN, DASS JEDES VON EUCH WICHTIG IST UND SEINE EIGENE PERSÖNLICHKEIT BESITZT.
Find ich eine spitzen Sache, quaak. Na, dann mal los, quaak, dann schreib mal auf.
SEHR GERNE. DANN SCHIESS MAL LOS. ERZÄHL MIR WAS VON DIR.
Ich, quaak, bin ein sogenannter Teichfrosch. Es gibt ja ganz viele verschiedene Arten von, quaak, Fröschen. Da gibt es Grasfrösche, Tümpelfrösche, Wasser- und Seefrösche und wahrscheinlich noch einige mehr, quaak. Teichfrösche, quaak, sind Mischlinge zwischen einem Seefrosch und einem kleinen Wasserfrosch.
OH, DAS HABE ICH NICHT GEWUSST. EIN SOGENANNTER HYBRIDE, ALSO. ABER SIND HYBRIDEN NICHT MEIST NICHT MEHR FORTPFLANZUNGSFÄHIG?
Quaak, meist schon. Aber bei uns ist das kein Problem. Quaaaak, quaak quak quaak.
WENN ES SO VIELE VERSCHIEDENE ARTEN VON FRÖSCHEN IM TEICH GIBT, WIE KANN MAN EUCH DENN UNTERSCHEIDEN?
Na quaak, ganz einfach. Wir haben meist eine grüne Haut, quaak, mit unregelmässigen dunklen Zeichnungen darauf. Die meisten von uns haben eine helle Linie auf der Rückenmitte, quaak, welche von der Schnauze bis zum Po hinunter verläuft , quaak. Ausserdem, quaak, ist unsere Schnauze recht lang und spitz, quaak. Je nach Art, Geschlecht und Alter, quaak, erreichen wir eine Kopf-Rumpf-Länge
Von 4,5 bis zu 18 Zentimetern, quaak, wobei solche Riesen eher selten sind, quaak. Ausserdem, quaak, leben wir nicht nur in Teichen, Seen, kleinen Tümpeln und Weihern, quaak, sondern auch in Sümpfen und an Ufern von langsam fl iessenden Gewässern, quaak.
DAS IST SEHR SPANNEND. ICH ERFAHRE VIEL NEUES ÜBER EUCH. ERZÄHL MIR NOCH MEHR, BITTE. WAS FRESST IHR, WIE PFLANZT IHR EUCH FORT, WELCHES SIND EURE FEINDE, WIE ALT WERDET IHR UND WAS MACHT IHR IM WINTER?
Quaaak, quaak quak. Das sind aber eine Menge Fragen, quaak. Also, dann hör gut zu, quaak. Ich fresse bevorzugt Libellen, quaak. Die sind schön knackig. Ich lauere dazu auf einem Seerosenblatt, quaak. Das hat den Vorteil, dass ich dabei auch noch grad ein Sonnenbad geniessen kann, quaak. Ich liebe es zu sonnen, quaak. Ausser wenn es extrem heiss ist, dann plansche ich lieber, quaak. Quaak, quaak, quak, ich bin abgeschweift , entschuldige. Wenn eine Libelle vorbeifl iegt, quaak, springe ich sie an, quaak, und schnappe sie mir mit meiner langen Zunge, quaak. Ich fresse aber auch andere Insekten, quaak, Schnecken, Würmer, Larven und Kleinkrebse, quaak. Teilweise auch die Kaulquappen und jungen Frösche anderer Froscharten, quaak. Tja, und die Fortpflanzung, quaak, ist so ne Sache, quaak. Du musst schon ein hervorragender Sänger sein, quaaaak, quaak quak, quaaak, um dir deine Holde zu ergattern. Unsere Geschlechtsreife erreichen wir Männchen im Alter von 2 bis 3 Jahren, quaak. Wir treffen uns dann an bzw. in einem Gewässer, quaak, um zusammen zu quaken. Dazu pressen wir Luft in unsere zwei seitlichen Schallblasen, quaaak, quaak, quak. Das lockt dann Weibchen an und ist auch zur Reviermarkierung gedacht, quaak.
Ist ein Weibchen an dir interessiert, quaak, kommt es in deine Nähe, quaak. So kannst du dann auf ihren Rücken steigen und sie mit deinen Vorderbeinen umklammern, quaak. Wenn sie dann ihre Eier ins Wasser ablegt, quaak, gibst du dann auch dein Sperma dazu zur Befruchtung, quaak. Das Weibchen legt dabei einzelne Laichballen im Wasser ab, welche einige hundert Eier enthalten können und an Wasserpflanzen angeheftet werden, quaak. Insgesamt, quaak, sind das etwa an die 1000 bis 8000 zirka 1,5 Millimeter lange, bräunlich bis gelbliche Eier, quaak. Daraus schlüpfen dann die Kaulquappen, welche eine Länge bis zu 70 Milimeter haben können, quaak, welche eine dreimonatige Entwicklung zum Jungfrosch durchlaufen, quaak.
WOW, DAS IST ABER ENORM VIEL. DAS GIBT DANN ABER GANZ SCHÖN LAUTE KONZERTE, WENN IHR SO VIELE SEID.
Das ist halb so schlimm, wir brauchen so viele, quaak, weil viele es nicht schaffen, erwachsen zu werden, quaak. Und auch danach haben wir viele Fressfeinde, quaak. Z.B. zahlreiche Fischarten, Ringelnattern, Kreuzottern, viele verschiedene Vögel, wie Störche, Reiher und Eisvögel, aber auch Füchse, Dachse, Marder, Iltisse und Wanderratten verschmähen uns nicht. Sogar Menschen essen uns. Deshalb springen wir, quaak, wenn wir uns bedroht fühlen, quaak, schnell ins Wasser und verstecken uns im Pflanzendickicht, quaak, oder graben uns im Schlamm ein. Das machen wir übrigens auch, quaak, zum Überwintern. Uns eingraben, meine ich, quaak.
JA, DAS IST WOHL WAHR. IN FRANKREICH, BELGIEN UND SOGAR IN EINIGEN REGIONEN DER SCHWEIZ GELTEN EURE SPRUNGKRÄFTIGEN HINTERBEINE ALS DELIKATESSE.
Ja, so ist nun mal der Lauf des Lebens, quaak, fressen und gefressen werden, quaak. Wir Teichfrösche haben aber eine gute Anpassungsfähigkeit an unseren Lebensraum, quaak, und sind deshalb viel weniger bedroht als die meisten anderen Amphibienarten, quaak. Deshalb erreichen wir auch ein Höchstalter von mehr als 5 Jahren, quaak, und in Gefangenschaft, quaak, können wir sogar schon mal bis zu 14 Jahre alt werden.
DANKE, DASS DU UNS SO VIEL SPANNENDES ÜBER EUCH TEICHFRÖSCHE ERZÄHLT HAST. GIBT ES NOCH ETWAS, WAS DU UNS MENSCHEN GERNE SAGEN MÖCHTEST, PHINNEAS?
Ich möchte nur gerne sagen, quaak, dass ich es toll finde, quaak, dass es Menschen gibt, quaak, welche ganz wunderbare Teiche in ihren Gärten anlegen, quaak, und uns so neue Heimaten anbieten. Wir werden es euch mit unseren wunderschönen SommerabendKonzerten danken. Quaaaak, quaak, quak, quaak, quaak.
DAS WERDE ICH GERNE SO WEITERGEBEN, UND WENN ICH DARF, WERDE ICH EUCH JETZT GERNE NOCH EINE WEILE BEIM SINGEN ZUHÖREN. ICH DANKE DIR FÜR DIESES WUNDERBARE GESPRÄCH, LIEBER PHINNEAS, UND WÜNSCHE DIR NOCH VIELE WARME SOMMERABENDKONZERTE.
Das habe ich sehr gerne gemacht, quaak, und dieses Lied, quaak, widme ich allen Menschen, welche uns gerne zuhören heute Abend. Quaak quak quaaaak, quak quaak, quak quaak.
Weitere tierisch gute Gespräche zum erleben:
Tierisch gutes Gespräch mit Alfred Assel
Tierisch gutes Gespräch mit Olf Muneli
Ein tierisch gutes Gespräch mit Samuel Seal
NATURZYT Ausgabe Dezember 2020, Text, Foto, Illustration Virginia Knaus