Thymian ist eine der bekanntesten Gewürzpflanzen und durch seine intensivst keimhemmende Wirkung eines der wichtigsten Heilkräuter bei fast allen Atemwegsinfekten.
Der echte Thymian
Der Echte Thymian (Thymus vulgaris) stammt ursprünglich aus den Mittelmeerländern, wo er auf den Felsenheiden wächst. In unseren Breiten ist er selten verwildert, lässt sich aber im Garten kultivieren und wird auch Garten- oder Gewürz-Thymian genannt. Bei uns heimisch ist Feld-Thymian (Thymus pulegioides), der auch Quendel heisst. Wir finden den Quendel an steinigen, sonnigen Plätzen, wo er ganze Teppiche bildet, die im Sommer rosafarben blühen und herbwürzig duften. An verschiedenen Wuchsorten riechen die Pflanzen völlig unterschiedlich, was aber nicht unbedingt etwas mit dem Wirkstoffreichtum zu tun hat.
Thymian im Garten
Thymian liebt Sonne und braucht trockenen, mageren Boden. Dann bildet er sein volles Aroma aus. Er wächst strauchartig und verholzt in den unteren Teilen. Im Winter muss er vor Frost geschützt werden. Thymian sollte im Frühjahr bis ins alte Holz zurückgeschnitten werden, damit er neu austreibt. Die Zweige sind stark verästelt. Die schmalen, festen Blättchen sind am Rand etwas eingerollt und unterseits behaart. Sie bleiben auch im Winter grün. Von Mai bis Herbst erscheinen duftende rosafarbige Blüten. Die Thymianblüten locken Scharen von Bienen in den Garten. Der Garten-Thymian wie auch der Quendel sind in der Familie der Lippenblütler zuhause, zu der auch Rosmarin, Minze, Lavendel und Bohnenkraut gehören.
Thymian ernten und aufbewahren
Für die Tee-Ernte und zum Trocknen schneidet man das ganze blühende Kraut, am besten zur Mittagszeit, da ist der Gehalt an ätherischem Öl am höchsten. An der Luft und im Halbschatten trocknen. Blätter und Blüten von den Stängeln abstreifen und gut verschlossen aufbewahren.
Was sagen die alten Kräuterkundigen zum Thymian?
Die alten Ägypter brauchten Thymian zum Einbalsamieren der Toten. Die antiken Griechen schätzten ihn als Bienenpflanze und würzten damit Käse und Getränke. Dioscurides (griech. Arzt im 1. Jh.) empfahl das Kraut als Arznei den Kranken und als Gewürz den Gesunden. Hildegard von Bingen (12. Jh.) schätzte den Quendel sehr: «Wenn das Gehirn krank und leer ist, vermische das Pulver mit den Speisen. Ein Mensch, dessen Körperfleisch grindig ausschlägt, wird innerlich gereinigt und geheilt.» Eine Quendelsalbe soll bei Ekzemen und Hauterkrankungen helfen. Quendel und Echter Thymian werden bei Hildegard gesondert beschrieben, wie es seit der Antike üblich war. Leonhart Fuchs (dt. Arzt und Botaniker im 16. Jh.) schrieb in seinem Kräuterbuch: «Thymian mit Honig gekocht und getrunken ist nützlich denjenigen, die das Keuchen und das schwere Atmen haben.»
Ein Kraftpaket an Wirkstoffen
Thymian entwickelt reichlich ätherische Öle, die sich aus Thymol, Carvacrol, Linalool, Geraniol, Borneol, Thujanol und anderen zusammensetzen. Die Zusammensetzung des ätherischen Öls variiert sehr stark, sodass in der Aromatherapie verschiedene Chemotypen angegeben werden, die auch unterschiedlich wirken. Weitere wichtige Inhaltsstoffe sind verdauungsfördernde Bitterstoffe, entzündungshemmende Gerbstoffe, Flavonoide und schleimlösende Saponine. Der heimische Feld-Thymian hat eine ähnliche Wirkung wie der Garten-Thymian und wird wie dieser angewendet.
Thymian stärkt die Abwehrkräfte
«Die nächste Grippe kommt bestimmt, doch nicht zu dem, der Thymian nimmt», weiss der Volksmund. Auf natürliche Weise stärkt Thymian die körpereigenen Abwehrkräfte und schützt vor Grippe. So wurde er früher als «Antibiotikum der armen Leute» bezeichnet.
Thymian hilft bei Husten
Thymian ist eines der intensivsten keimwidrigen und desinfizierenden Mittel bei Atemwegsinfektionen. Die Wirkstoffe des ätherischen Öls hemmen das Wachstum von Bakterien, Viren und Pilzen. Daher hilft Thymian bei fast allen Entzündungen der Atemwege und bei Mandelentzündung. Thymian entspannt verkrampfte Bronchien, wirkt schleimlösend und auswurffördernd. Er wird eingesetzt bei Reizhusten, Keuchhusten, Asthma und krampfhafter Bronchitis.
Thymian bei Verdauungsbeschwerden
Mit seinen krampflösenden Eigenschaften kann Thymian auch bei Magen- und Bauchkrämpfen angewendet werden. Die enthaltenen Bitterstoffe regen die Verdauungssäfte an und fördern so die Verdauung.
Thymian auch bei Kindern
Thymian ist eine hochwirksame Heilpflanze, die bereits bei Kindern ab einem Jahr eingesetzt werden kann. Die gute Wirksamkeit, Verträglichkeit und Anwendbarkeit bei Kindern ist eindeutig belegt.
Thymian in der traditionellen chinesischen Medizin
Thymian wirkt wärmend, die zugeordneten Organe sind Lunge, Magen, Milz, Gedärme und Niere. Man setzt ihn bei Infektanfälligkeit, Bronchitis, Keuchhusten, Magenbeschwerden, Verdauungsschwäche, Pilzerkrankungen sowie bei Menstruationsbeschwerden ein.
Anwendungseinschränkungen: Thymian darf als Arzneimittel nicht bei hitzigen Krankheiten, Schilddrüsenüberfunktion oder in der Schwangerschaft angewendet werden.
Das Wesen des Thymian
Thymian vermittelt eine intensive und gleichmässige Wärme, die kräftigend und stärkend auf der körperlichen wie seelischen Ebene wirkt. Diese Wärme erfüllt die Atmungsorgane und auch den Magen. Nach R. Kalbermatten zeigt sich in der Gestalt des Thymians mit seinen schmalen, festen Blättern die Konzentration der Kräfte, die dem Ausstrahlen von Wärme vorangehen muss. Das griechische Wort «thymos» bedeutet Lebenskraft , Geist, Hauch, Kraft , Mut und Stärke. Das Wort Thymos finden wir auch in der Bezeichnung unserer Thymusdrüse, die in unserem Körper hinter dem Brustbein liegt. Die Thymusdrüse ist Teil des Lymphsystems und spielt eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr.
Thymian in der Küche
Thymian wird in kleinen Mengen zu Salatsossen, Eintöpfen, Omeletts, Suppen, Kräuterkäse, Fleisch oder Kartoffelgerichten gegeben. Das würzige Kraut macht schwere und fette Speisen leichter verdaulich. Man kann Thymian auch in Essig und Öl einlegen.
Erkältungsvertreiber
Ein altes Hausrezept, das auch Kinder gerne mögen: Ein kleines Stück Brot mit Butter und Honig bestreichen und viel frischen oder getrockneten Thymian darüberstreuen. Mit dünnen Knoblauchscheiben belegen und dreimal am Tag geniessen. Es wirkt und schmeckt!
Thymian in der Kräuterapotheke
Thymiantee
1 TL Thymiankraut mit 1 Tasse kochendem Wasser übergiessen, 10 Minuten zugedeckt ziehen lassen, abgiessen. Als Hustentee mit Honig süssen. Dreimal täglich 1 Tasse warm trinken. Thymian unterstützt andere Hustenpflanzen und wird daher gern in Kombination mit Schlüsselblumen, Spitzwegerich oder Fenchel angewendet. Ungesüsster Thymiantee lindert Krämpfe im Magen-Darm-Bereich. Der Tee kann auch bei Verschleimung und Schnupfen zum Inhalieren verwendet werden. Thymiantee als Kaffee-Ersatz: Thymian regt an und fördert die Durchblutung, morgens 1 Tasse Thymiantee trinken als Muntermacher – probieren Sie es aus, es funktioniert! Äusserlich kann Thymiantee zur Pflege bei Akne (antiseptische Wirkung) verwendet werden.
Thymianbad
Bei Erkältungen, Bronchitis und Asthma wirkt ein Thymianbad sehr wohltuend. 100 g Thymian mit 2 l kochendem Wasser übergiessen, 10 Minuten bedeckt ziehen lassen und durch ein Sieb ins Badewasser giessen. 10 bis 15 Minuten baden und anschliessend Bettruhe halten. Dieses Bad ist auch hilfreich bei Gicht und Rheuma.
Brustauflage mit Thymianöl
10 Tropfen ätherisches Thymianöl (für Kinder 5 Tropfen) des Garten-Thymians mit dem Chemotyp Linalool in 20 ml Olivenöl geben. Das ätherische Thymian öl vom Chemotyp Linalool ist wirksam, aber mild, reizt die Haut nicht und ist daher auch für Kinder geeignet. Ein Tuch von ca. 10×10 cm mit 40–50 Tropfen der Ölmischung (Kinder 20–25 Tropfen) beträufeln und mit einem Zwischentuch zwischen zwei Wärmeflaschen anwärmen. Anschliessend das Ölläppchen mit der öligen Seite direkt auf die Brust legen, das angewärmte Zwischentuch darüberlegen und den ganzen Brustkorb mit einer Wolldecke einhüllen. Kalte Füsse vorher mit einer Wärmeflasche anwärmen. Brustauflage so lange belassen, wie es angenehm ist. Einmal täglich anwenden. Nach 5 Tagen pausieren. Thymianöl-Brustauflage nicht anwenden bei Schwangeren, Säuglingen und Kindern unter 6 Jahren.
Quellen und weiterführende Literatur:
- U. v. Blarer Zalokar, P. v. Blarer, Praxisbuch, Westliche Kräuter und chinesische Medizin.
- U. Bühring, Heilpflanzen für Kinder.
- H. Hatzfeld, Heilpflanzen als Wegbegleiter.
- R. Kalbermatten, Wesen und Signatur der Heilpflanzen.
- S. Loncar, S. Topolovec, M. Kocevar Fetah, N. Bacac, Eine Prise Gesundheit
Die Anwendung der angeführten Rezepturen erfolgt auf eigene Verantwortung und ersetzt keinen Arztbesuch. Eine Haftung der Verfasserin bzw. der Redaktion ist ausgeschlossen.
Kräuterkurse und Kräuterrundgänge mit Ernestine
Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis in Fruthwilen, im Thurgau. In Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter.
Nähere Informationen zum Kursangebot unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.
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NATURZYT Ausgabe Dezember 2017, Text Ernestine Astecker, Fotos Fotolia, Ernestine Astecker