Jetzt im März beginnt der Saisonstart für die Waldameisen. Nach der Überwinterung in der Kältestarre kommen die ersten Arbeiterinnen aus dem Hügel hervor und tanken auf der Nestkuppe Sonne. Die gut aufgewärmten, krabbelnden Heizkörper tragen nun die Frühlingswärme in den Ameisenbau und wecken so ihre Kolleginnen.
Nach knapp drei Wochen ist der ganze Ameisenstaat aktiviert und Hunderttausende krabbeln umher. Bei einem gemütlichen Frühlingsspaziergang durch den Wald sind die auff älligen Nesthügel an sonnigen Waldplätzen zu finden. Die Nester können bis 2 Meter hoch sein und bestehen vor allem aus Nadeln und Ästen. Der Bau kann bis zu zwei Meter tief in den Boden führen. Je nach Art bevölkern Hundert tausende bis mehrere Millionen Tiere ein Nest. Ähnlich wie die Honigbienen leben die Waldameisen als straff organisierte Staatengemeinschaft en zusammen. Im Zentrum jedes Volkes stehen je nach Art eine bis mehrere tausend Königinnen.

Der Jahresverlauf bestimmt die Aktivitäten der fleissigen Ameisen, so setzen im Frühling die Arbeiterinnen das Nest instand. Die Altköniginnen, die ebenfalls überwintert haben und bis 20 Jahre alt werden können, legen die ersten Eier, die sogenannten Wintereier, und werden von den Arbeiterinnen mit einem sehr nahrhaften Sekret, der «Ameisenmilch», gefüttert. Dieses Sekret wird in den Drüsen der Arbeiterinnen produziert. Aus den befruchteten Eiern entwickeln sich dann geflügelte Weibchen. Aus den unbefruchteten die geflügelten Männchen.
Zwischen April und Juni fliegen die flugfähigen Tiere zum Hochzeitsflug aus und viele landen dabei als Beute in den Mägen von Vögeln. Die begatteten Weibchen werden zu neuen Jungköniginnen, die die Flügel abwerfen und sich ein Leben lang dem Eierlegen, und das sind rund 30 Stück am Tag, widmen. Die Männchen werden vertrieben und sterben.
Die zweite weibliche Kaste bilden dann die Arbeiterinnen. Sie sind kleiner und immer ungefl ügelt, besitzen aber genetisch die gleiche Ausstattung wie die Königin. Während ihres höchstens fünf Jahre dauernden Lebens übernehmen sie zuerst im Innendienst die Aufgabe der Brutpflege und schützen die Eier. Ausserdem kümmern sie sich um den Unterhalt und Reparatur des Nestes. Wenn sie älter sind, wechseln sie in den Aussendienst, wo sie in erster Linie für die Nahrungsbeschaffung verantwortlich sind. Sie jagen jetzt nach Insekten oder melken den Honigtau – die zuckerhaltige Ausscheidung der Blattläuse.
Gegen Oktober geht das Ameisenjahr zu Ende. Nahrungsvorräte werden keine angelegt, aber die Arbeiterinnen, die die nächste Frühlingsbrut versorgen, essen sich ein Fettdepot an. Das Ameisennest wird abgedichtet gegen Regen und Schnee, und die Tiere ruhen dort, bis im nächsten Frühjahr das Ameisenjahr von vorne beginnt.
Themen über Wildtiere, dass Sie auch interessieren könnte:
Wer quakt den nachts in Nachbars Garten?
Spinnen im Wasser. Können Spinnen tauchen?
NATURZYT Ausgabe März 2022, Text Michael Knaus, Foto AdobeStock