Der Wacholder weckt die Lebensgeister, reinigt den Körper und schützt vor Infektionen und Ansteckung. Die alten Erfahrungen wurden durch neue Forschungen bestätigt – Wacholder besitzt eine starke keimtötende und abwehrsteigernde Kraft.
Wacholder zählt zu den ältesten Heil- und Gewürzpflanzen. Schon im alten Ägypten wurden auf einer Papyrusrolle von 1550 v. Chr. Heilrezepte mit Wacholder erwähnt. Die Wacholderbeeren gelten seit alters her als Vorbeugungsmittel gegen Pestilenz, Cholera und andere Seuchen.
Hildegard von Bingen kannte bereits die Anwendung bei Bronchitis und beschrieb die Inhalation der Dämpfe gekochter Wacholderzweige zur Fiebersenkung. Bei Paracelsus fand er als Nieren-, Blutreinigungs- und Wundmittel Verwendung.
Wacholder - Antiseptische und abwehrsteigernde Wirkung
«Vor dem Holunder sollst du den Hut ziehen, vor dem Wacholder in die Knie gehen», sagt eine alte Volksweisheit und zeigt, wie sehr man die Heilkraft des Wacholders geschätzt hat. Wie der Holunder galt auch der Wacholder als wichtiger Baum der Hausapotheke, der für die verschiedensten Beschwerden wirkungsvoll eingesetzt wurde. Die alten Erfahrungen wurden durch neue Forschungen bestätigt – Wacholder besitzt eine starke keimtötende und abwehrsteigernde Kraft. Noch heute kann man sich durch das Kauen von Wacholderbeeren vor Ansteckung während der Grippezeit schützen. Der aus den Beeren zubereitete Sirup dient zur Abwehrsteigerung in Erkältungs- und Grippezeiten. Auch für Kinder ist er ein Stärkungsmittel.
Der Wacholder harntreibend und entgiftend
Wacholder wirkt nierenanregend, stark harntreibend und entwässernd. Daher wird Wacholderbeerentee bei Blasenbeschwerden und Steinleiden zur Durchspülung der Nieren und der Harnwege getrunken. Durch seine stoffwechselfördernde Wirkung wird er begleitend bei chronischen Hauterkrankungen, Arthritis, Gicht und rheumatischen Beschwerden eingesetzt.
Macht munter und stärkt den Magen
Wacholdertee lindert Verdauungsbeschwerden wie Aufstossen, Sodbrennen, Völlegefühl und Blähungen. Er löst innere Verkrampfungen, durchwärmt und stärkt den Magen. Die Beeren regulieren den Appetit, unterstützen die Verdauungsfunktion und hemmen Gärungs- und Fäulnisprozesse im Darm. Wacholder sollte maximal 4 bis 6 Wochen eingenommen werden. Eine Überdosierung ist zu vermeiden. Der Wacholder darf nicht in der Schwangerschaft, bei chronischer Nierenschwäche oder entzündlichen Nierenerkrankungen angewendet werden.
Breites Spektrum an Inhaltsstoffen
Wacholder enthält ein breites Spektrum an Inhaltsstoffen: ätherische Öle, Bitterstoffe, Flavonoide, Gerbstoffe, Harze, Wachse, Traubenzucker, Mineralstoffe, B-Vitamine. Die jungen Nadeln enthalten viel Vitamin C.
Wachholder in der Natur und im Garten
Wacholder (Juniperus communis) ist ein immergrünes, stacheliges Nadelgehölz. Er ist bis in hochalpine Lagen verbreitet, wächst langsam und kann bis 2000 Jahre alt werden. Man findet ihn einerseits als Zwergstrauch und andererseits als baumhohe Form bis 10 m Höhe. Der Wacholder gehört zur Familie der Zypressengewächse. Typisch sind die starren und spitzen Nadeln, auf der Oberseite mit einem weissen Wachsstreifen. Die Früchte sind kugelige, blaubereifte Scheinbeeren. Sie brauchen 2 bis 3 Jahre zur Reifung, man findet daher an einer Pflanze sowohl grüne als auch reife Beeren. Die Beeren pflückt man reif im Herbst.
Den Wacholder darf man nicht mit dem Sadebaum (Juniperus sabina) und dem Lebensbaum (Thuja occidentalis) verwechseln, die beide giftig sind. Der Wacholder ist selten geworden und steht in manchen Gegenden unter Naturschutz. Der Strauch ist anspruchslos und kann im Garten an einem trockenen und sonnigen Platz angepflanzt werden.
Räuchern mit Wacholder
Wacholder ist eines der ältesten Räucherhölzer und wird in all seinen Verbreitungsgebieten (Europa, Asien, Amerika) zum Räuchern verwendet. Mit dem desinfizierenden Rauch des Wacholders wurden früher die Krankenzimmer gereinigt. Auch heute ist es empfehlenswert, bei Erkältungserkrankungen die Räume mit Wacholder zu räuchern, dadurch sinkt die Ansteckungsgefahr. Die Erkältung heilt durch das Einatmen des keimtötenden Rauches schneller aus. Der Rauch wirkt stärkend, klärend, reinigend und fördert den Kontakt mit der Erde. Früher gab es bestimmte Tage, an denen Wacholder verräuchert wurde, z. B. am Weihnachtstag, in den Raunächten, am Palmsonntag, zu Walpurgis, an Pfingsten und nach dem Viehaustrieb.
Der Wacholder unterstützt die Verbindung mit den Ahnen. Man glaubt, dass im Wacholder, im Wachhalter, die Ahnen wach gehalten werden und weiterleben.
Wacholder in der Küche
Wacholder kennt man vor allem als geschmacksgebenden Inhaltsstoff von Gin. Die Beeren werden als natürliches Würzmittel in Wild- und fettreichen Fleischgerichten verwendet.
Wacholder in der Kräuterapotheke
Wacholdertee
1 TL frische oder getrocknete gequetschte Wacholderbeeren mit 1 Tasse heissem Wasser aufgiessen, 5 Minuten bedeckt ziehen lassen, abseihen. 3× täglich 1 Tasse trinken.
Wacholderkur nach Pfarrer Kneipp
Zur Stoffwechselförderung und als Entschlackungskur 1× täglich 1 Beere gut zerkaut einnehmen. Jeden Tag um 1 Beere steigern, bis 15 Beeren täglich, dann die Kur beenden mit täglich 1 Beere weniger. Die Kur 2× im Jahr durchführen. Wacholderbeeren schmecken süsslich, erfrischend, etwas holzig und leicht bitter.
Wacholdersirup
500 g Wacholderbeeren zerquetschen, mit 2 l kochendem Wasser übergiessen, zudecken und über Nacht stehen lassen. Am nächsten Tag kurz aufkochen, dann durch ein Sieb passieren und eventuell etwa 100 g Honig zugeben. Kühl und gut verschlossen aufbewahren. Erwachsene nehmen 3–4 TL, Kinder 2 TL täglich.
Wacholdertinktur
Frische oder getrocknete Wacholderbeeren anquetschen, ein Schraubglas zur Hälfte füllen und mit 70%igem Alkohol übergiessen. An einem warmen Ort 4 Wochen ziehen lassen, abfiltrieren und in eine dunkle Tropfflasche füllen. 3× täglich 5 bis 10 Tropfen mit etwas Wasser vor oder nach dem Essen einnehmen. Die Tinktur steigert die Abwehrkräfte, unterstützt die Verdauung und wirkt blutreinigend.
Wacholderöl äusserlich zur Einreibung
2 Tassen Wacholderbeeren über Nacht in Wasser einweichen. Am nächsten Tag abseihen, dann in kaltgepresstem Olivenöl 30 Minuten leicht köcheln. Anschliessende, in dunkle Flaschen füllen. Das Öl wirkt durchwärmend, entspannt verkrampfte Muskulatur und fördert die Durchblutung sowie den Abtransport von Stoffwechselschlacken. Es dient zur Einreibung bei Gelenkbeschwerden, Rheuma und Rückenschmerzen.
Wacholdergeist
ist ein bewährtes Mittel zum Einreiben bei Rheuma und Hautausschlägen. Zur Herstellung werden 500 g Beeren zerquetscht und in 2 Liter Branntwein 14 Tage angesetzt, täglich durchgeschüttelt und anschliessend abfiltriert. Der Wacholdergeist kann unverdünnt zum Einreiben verwendet werden.
Wacholderdämpfe
(Beeren abkochen, im Zimmer dampfen lassen, oder Gesicht über die Schüssel halten, Kopf mit Handtuch abdecken) helfen bei Schmerzen aller Art, rheumatischen Beschwerden, Erkältungen, Krämpfen und stärken die Augen.
Kräuterkurse und Kräuterrundgänge mit Ernestine
Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis in Fruthwilen, im Thurgau. In Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter.
Nähere Informationen zum Kursangebot unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.
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NATURZYT Ausgabe Dezember 2014, Text Ernestine Astecker, Fotos AdobeStock