Liebe garten- und naturbegeisterte Leserinnen und Leser. Dieser Titel mag bei einigen von Ihnen für Verwirrung sorgen, für diejenigen aber, die sich bereits mit Totholz auseinandergesetzt haben, ist klar, was damit gemeint ist.
Totholz ist eigentlich ein Sammelbegriff für abgestorbene Bäume oder Teile davon. Totholz ist ein wichtiges Element im natürlichen Kreislauf und darf in einem naturnahen Garten nicht vergessen werden. Wer sich einmal vertieft mit Totholz auseinandergesetzt hat, kommt nicht mehr davon los.
Totholz wird unterschieden in stehendes, sogenanntes Trockenholz, und liegendes, sogenanntes Morschholz, das mit dem Erdboden in Berührung kommt.
Deshalb, liebe Leserin, lieber Leser, widme ich diesen Artikel dem Totholz, das nicht tot, sondern voller Leben ist, und ich hoffe, dass Sie nach dem Lesen ein völlig anderes Verständnis haben und die Faszination für diesen Lebensraum nicht nur verstehen, sondern im Garten auch umsetzen.
Tote Bäume sind voller Leben
Überlässt man einen Baum seinem natürlichen Lebenszyklus und wird er nicht gefällt, so stirbt er irgendwann, zuerst teilweise, dann als Ganzes, ab. Diese Phase ist der letzte Abschnitt im natürlichen Lebenszyklus und gehört zu einem geschlossenen Kreislauf. Doch noch ist dies nicht das Ende, denn nun wird das tote oder kranke Holz buchstäblich von Leben überrannt: Tausende von verschiedenen Arten besiedeln nun dieses Holz und nutzen es als Lebensraum: Pilze, Käfer und ihre Larven, Fliegen, Wildbienen, Ameisen, Vögel und Säugetiere. Die einen ernähren sich vom toten Holz (Pilze), die anderen legen darin ihre Eier ab (Wildbienen, andere Insekten) und wieder andere ernähren sich von den Eiern, Larven und adulten Tieren (Vögel, Igel, Mäuse und andere Säugetiere).
Waldnutzung und Totholz
Holz ist ein Wirtschaftszweig, und damit wurde die Waldnutzung in einem Ausmass intensiviert, in dem der Baum nicht mehr eines natürlichen Todes stirbt und auch der letzte Rest Holz im Wald weggeräumt und in der Heizung verschwindet. Nichts wird mehr auf dem Waldboden liegengelassen. Damit wird nicht nur vielen Tierarten (unter anderem vielen Nützlingen wie dem Marienkäfer, der Florfliege, dem Igel und vielen mehr) der Lebensraum genommen, sondern dem Wald werden auch wertvolle Nährstoffe entzogen. Längst haben wir uns leider an den Anblick aufgeräumter Wälder gewöhnt, und sollte doch einmal Rest- oder Totholz herumliegen, ist das Argument der unschönen Optik schnell zur Stelle. Hier ist Aufklärung dringend notwendig. Denn Ordnung ist ein vom Menschen künstlich geschaffener Wert und hat mit der Natur und ihrer biologischen Vielfalt herzlich wenig zu tun. Und was im Wald als störend empfunden wird, das wird noch weniger im Garten geduldet. Schade, denn gerade im Garten ist Totholz ein wichtiger Beitrag zum ökologischen Gleichgewicht und zur Artenvielfalt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass rund 5000 Arten auf den Lebensraum Totholz angewiesen sind.
Totholz im Garten
Im nun folgenden Abschnitt möchte ich Ihnen ein paar Ideen liefern, wie Sie Totholz im Garten verwenden können. Die Liste ist natürlich nicht vollständig, der Fantasie sind fast keine Grenzen gesetzt. Haben Sie aber zu wenig eigenes Schnittholz im Garten, so gehen Sie bitte nicht einfach in den Wald und holen sich im grossen Stil herumliegendes Holz. Dieses ist nämlich dort, wo es steht oder liegt, bestens aufgehoben. Fragen Sie stattdessen den Förster oder private Waldbesitzer, die wissen meist, wo Holz und Wurzelstücke gehäckselt werden sollen und die somit für wenig Geld zu haben sind. Auch können Sie Landwirte fragen, die gerade Obstbäume fällen oder selber Schwemmholz sammeln.
Natürlich ist Totholz umso wertvoller, je naturnaher der Garten auch sonst gestaltet ist, denn ein solcher Garten weist in der Regel eine wesentlich höhere Artenvielfalt auf. Und je mehr private Gärten naturnah gestaltet sind, desto besser funktioniert die Vernetzung der naturnahen Lebensräume. Diese Vernetzung erlaubt es den verschiedenen Tier- und Pflanzenarten zu wandern und sich auszubreiten.
Denken Sie immer daran, dass Totholz, ob stehend oder liegend, für eine grosse Artenvielfalt von Nutzen ist. Egal ob Sie das Holz an feuchten, schattigen Stellen hinlegen, wo es schneller vermodert oder an sonnigen, trockenen, es wird von den entsprechenden Tierarten besiedelt. Laubholz wie Eiche, Buche oder Obstbaum ist artenreicher als Nadelholz, dicke Äste sind wertvoller als dünne, aber schliesslich ist es die Abwechslung, die am meisten Nutzen bringt.
Wurzelstöcke
Wurzelstöcke sehen sehr dekorativ aus und lassen sich an den unterschiedlichsten Orten im Garten platzieren. Sie dienen Eidechsen und Schmetterlingen als Sonnenplatz, und die Wurzelhohlräume werden von den verschiedensten Tierarten als Versteck genutzt.
Zaun aus Totholz
Ein Zaun kann auf zwei verschiedene Arten hergestellt werden: der einfache Zaun, geflochten als Weidenzaun, oder der gefüllte. Dazu werden im Abstand von etwa 1m dicke Pfähle genügend tief in den Boden geschlagen, entsprechend der gewünschten Höhe und Länge des Zauns. Die Pfähle sollten unbedingt unbehandelt und wenn möglich berindet sein. Je nach gewünschter Breite des Zaunes werden nun parallel zur ersten Reihe weitere Pfähle jeweils versetzt in die Lücken der ersten Reihe geschlagen. Der Raum zwischen den beiden Pfahlreihen wird nun mit Ästen, Zweigen, Schilfhalmen und sonstigem Material gefüllt. Zwischendurch werden die Zweige niedergetreten, damit das ganze Material verdichtet und stabiler wird. Alternativ kann der Zaun auch wie auf dem Foto mit Armierungsgitter hergestellt und mit Weidenästen gefüllt werden. Mit der Zeit verrottet das Holz und man schichtet einfach wieder neues oben drauf. Vor dem Zaun kann man auch noch ein Wildstaudenbeet anlegen, das sieht sehr schön aus und bietet den im Totholz lebenden Insekten direkt vor der «Haustüre» ein reiches Nahrungsangebot.
Holzstapel
Ein Holzstapel ist ganz einfach anzulegen: Schichten Sie einfach Äste, die Sie nicht mehr brauchen, auf einen Haufen, fertig. Empfinden Sie einen solchen Haufen als störend, dann legen Sie ihn hinter Büschen an. Von Zeit zu Zeit wieder neues Material auflegen, ansonsten aber in Ruhe lassen.
Holzbeige
Kunstvoll aufgeschichtete Holzbeigen aus Scheiten, die eigentlich als Brennholz gedacht waren, sind eine ästhetische Variante für einen Totholzhaufen. Bitte dann aber das Holz auf keinen Fall mehr verbrennen!
Schnitzelweg - Schnitzelplatz
Heben Sie einen Platz oder einen Weg 30 cm tief aus und füllen Sie ihn mit gemischten Laubholz-Schnitzeln auf. Die Schnitzel verrotten mit der Zeit und bieten vielen Insekten einen Lebensraum. Ab und zu, wenn sich der Boden abzusenken beginnt, einfach neue Schnitzel darauf verteilen.
Alte oder tote Bäume
Wenn alte oder tote Bäume oder abgestorbene Äste kein Sicherheitsrisiko darstellen, dann lassen Sie sie unbedingt stehen. Solche Bäume oder Äste aus optischen Gründen zu entfernen ist alles andere als ökologisch sinnvoll. Wie Sie zu Beginn dem Artikel entnehmen konnten, können solche Bäume noch viele Jahre einen grossen ökologischen Beitrag leisten.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen und gutes Gelingen bei Ihrem Totholzprojekt.
Herzlich Claudia Ebling
www.natur-im-garten.ch
Claudias Totholz-Tipp
In der Herbst-Winterzeit schneiden die meisten Landwirte und Privatpersonen ihre Obstbäume und ihre Sträucher. Die meisten lassen das Schnittgut häckseln oder führen es ab in eine Kompostieranlage. Auch können Sie bei Stauwehren nach Schwemmholz fragen, insbesondere nach Hochwasser. Das ist eine gute Gelegenheit zu Ästen zu kommen und, wenn Sie noch gar kein Totholz im Garten haben, mit einem Asthaufen zu starten. Kröten, Igel und viele andere Tiere nutzen den Haufen, um sich darin zu verstecken, oder wenn er gross genug ist, sogar darin zu überwintern.
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NATURZYT Ausgabe September 2014, Text / Fotos Claudia Ebling