Beleuchtete Stadtgebiete von einer Bergkuppel aus gesehen
In der Schweiz gibt es mittlerweile keinen Ort mehr, der nicht von nächtlicher Lichtverschmutzung betroffen wäre. Wie hier im Mittelland wird vielerorts die Nacht buchstäblich zum Tag. Der Effekt verstärkt sich noch zusätzlich bei hoher Luftfeuchte oder bedecktem Himmel, wenn das abgestrahlte Licht zurückgeworfen wird. Für Tierarten, welche das Licht meiden, bleibt so kaum mehr Lebensraum.

Fledermäuse sind nachtaktiv. Weil die Nächte immer heller werden, wird ihr Lebensraum immer kleiner. Die Stiftung Fledermausschutz setzt sich deshalb für eine Reduktion der Lichtverschmutzung in der Schweiz ein.

«Es ist auf Erden keine Nacht, die nicht noch ihren Schimmer hätte!», schrieb einst Gottfried Keller. Ob er dabei ahnte, dass seine Aussage 150 Jahre später wahr werden und die Nacht buchstäblich zum Tag werden würde?

Heute gibt es in der Schweiz keinen Ort mehr, der nachts noch natürlich dunkel wird. Bis in die hintersten Winkel der Alpen reichen die Lichtreflektionen der Ballungsgebiete des Mittellandes und Norditaliens und verschmutzen die Schweizer Nachtlandschaft mit Licht. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Unsere 24-Stunden- Gesellschaft und die kontinuierliche Ausbreitung des Siedlungsraums, zunehmender Verkehr, ein verzerrtes Sicherheitsempfinden und fragwürdige Trends in der Ästhetik bei Häusern, Gärten und ganzen Landschaften tragen alle dazu bei, dass Dunkelheit in der Schweiz mittlerweile ein seltenes Gut ist. Dabei wären dunkle Nächte in vielerlei Hinsicht wichtig. Bei Menschen führt das Ausbleiben nächtlicher Dunkelheit zu Schlaf- und Konzentrationsproblemen und Störungen im Hormonhaushalt. Das Risiko, an Brust- oder Prostatakrebs zu erkranken, ist in stark von Lichtverschmutzung mit Blauanteil betroffenen Gebieten deutlich höher als in weniger verschmutzten Gebieten.

Beleuchtetes Schloss in der Nacht
Historische Gebäude wie Schlösser oder Kirchen böten dank ihrer Grösse und verwinkelten Bauweise vielen Fledermausarten optimale Quartierbedingungen. Leider werden die meisten dieser Bauten nachts mit Scheinwerfern beleuchtet und dadurch für Fledermäuse unbenutzbar. Bleibt zu hoffen, dass im Zuge drohender Energieengpässe und gesteigerten Bewusstseins für die Schönheit der Nacht in Zukunft auf solche Beleuchtungen verzichtet wird.

Noch viel grösser ist der Einfluss aber auf andere Tier- und Pflanzenarten. Rund 50% aller Insektenarten und ebenso viele Säugetiere sind nachtaktiv. Durch den Verlust der Nacht werden sie ihres Lebensraums beraubt. Andere Gefährdungsursachen wie Ausräumung der Landschaft , Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion und Einsatz von Pestiziden werden dadurch noch verstärkt. Nicht zuletzt wegen der Lichtverschmutzung sind auf der Roten Liste der Schweiz nur vier von insgesamt 30 einheimischen Fledermausarten als «nicht gefährdet» eingestuft.

Beleuchteter Gehweg im Wald in der Nacht mit Laternen
Im Wald ist Lichtverschmutzung besonders problematisch, weil hier die lichtempfindlichsten Fledermausarten leben. Durchgängig beleuchtete Waldwege und -strassen können für Fledermäuse unüberwindbare Hindernisse darstellen und Lebens räume fragmentieren. Beleuchtungen im Wald sind deshalb wann immer möglich zu unterlassen.

Keine bindenden Grenzwerte für die Lichtverschmutzung vorhanden

All dies wären eigentlich genug Gründe, um die Lichtverschmutzung zu begrenzen. Es gibt sogar eine gesetzliche Grundlage hierfür: Das Umweltschutzgesetz, Artikel 11, verlangt, dass (Licht-) Emissionen unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung so weit begrenzt werden, wie dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaft lich tragbar ist. Leider gibt es jedoch immer noch keine bindenden Grenzwerte für die Lichtverschmutzung. Dies erschwert die Umsetzung der Gesetzgebung und lässt die Lichtverschmutzung weiter zunehmen.

Unsere einheimischen Fledermäuse sind allesamt nachtaktiv. Sie können sich mithilfe der Echoortung auch bei vollständiger Dunkelheit orientieren. Ihre Vorliebe für Dunkelheit geht so weit, dass manche Arten in Vollmondnächten deutlich weniger aktiv sind als bei Neumond. Regelmässig können zwar Fledermäuse bei der Jagd in der Nähe von Strassenlampen beobachtet werden: Dabei handelt es sich jedoch meist um wenige Arten oder gar Individuen, die gegenüber Licht etwas toleranter sind, während der grosse Rest einen weiten Bogen um die künstliche Beleuchtung macht. Je heller eine Landschaft zudem erleuchtet ist, desto stärker sind Fledermäuse auf Strukturen angewiesen, in deren Schutz sie sich von A nach B bewegen können.

Unterschiedliche Fledermausarten reagieren unterschiedlich auf Lichtverschmutzung. Während die einen vor allem direktes Licht in Bodennähe zu stören scheint, ist es bei anderen die Abstrahlung nach oben. Und während die meisten Arten durch warmes Licht mit hohem Rotanteil am wenigsten gestört werden, scheint dies bei anderen wiederum bei grünem der Fall zu sein. 

Einfamilienhaus in der Nacht mit beleuchtetem Gehweg
Die Lichtverschmutzung in der Schweiz ist oft Kollateralschaden. Schlecht konzipierte Leuchten emittieren einen Grossteil ihres Lichts an Orte, wo dieses nicht gebraucht wird, namentlich nach oben.

Lichtverschmutzung ist für Fledermäuse ein weitreichendes Problem

Lichtverschmutzung wirkt an unterschiedlichsten Orten auf Fledermäuse ein. In Quartiernähe kann sie dazu führen, dass Fledermäuse später als üblich oder gar nicht mehr zur nächtlichen Jagd ausfliegen, was in der Konsequenz zum Tod ihrer Jungtiere oder ihrer selbst führen kann. Auf dem Weg in die Jagdgebiete kann eine schlecht platzierte Beleuchtung etablierte Flugrouten, sogenannte Flugkorridore, unterbrechen und so den Zugang zu Jagdlebensräumen, respektive Quartieren, abschneiden. In den Jagdgebieten kann Lichtverschmutzung dazu führen, dass ganze Flächen als Lebensraum verloren gehen. Fledermauspopulationen sind bereits durch verschiedene Bedrohungen wie den Mangel an geeigneten Quartieren und das Insektensterben bedroht. Es bleibt ungewiss, wie viele weitere Bedrohungen diese Tiere bewältigen können, bevor Populationen ganz erlöschen.

Fliegende Fledermaus am dunklen Nachthimmel
Die Kleine Hufeisennase ist eine der am stärksten von Lichtverschmutzung betroffenen Fledermausarten der Schweiz.

Massnahmen zur Reduktion der Lichtverschmutzung 

Aus fledermausschützerischer Sicht lässt sich zusammenfassen, dass ein Beleuchtungsverzicht einer angepassten Beleuchtung immer vorzuziehen ist und eine angepasste immer einer unangepassten. Mittels einfacher baulicher und betrieblicher Massnahmen liesse sich die Lichtverschmutzung im Aussenraum drastisch reduzieren. Die wichtigsten dieser Massnahmen sind:

  • Beleuchtung nur dann und da, wo sie wirklich gebraucht wird. Beleuchtungen zu rein ästhetischen Zwecken (Kirchen, Schlösser, Gärten etc.) sollten vermieden werden. Insbesondere die Beleuchtung von Bäumen und anderen Pflanzen ist zu unterlassen
  • Reduktion der Lichtintensität auf das gerade noch zweckdienliche Minimum: Viele Lampen lassen sich mittlerweile dimmen
  • Begrenzung des Lichtkegels auf diejenigen Flächen, die tatsächlich beleuchtet werden müssen. Seitlich und nach oben strahlendes Licht ist zu vermeiden.
  • Anpassung der Lichtfarbe: Warme Lichtfarben von maximal 2500 Kelvin haben deutlich weniger negativen Einfluss auf Fledermäuse als kältere Lichtfarben.
  • Bündeln des Lichts auf reflektionsarme Flächen: Dunkle Bodenbeläge mit rauer Oberfläche reflektieren deutlich weniger Licht als helle mit glatter Oberfläche.

Viele Personen sind sich zudem nicht bewusst, dass Lichtverschmutzung ein Verstoss gegen das Umweltschutzgesetz und damit ein Offizialdelikt ist. Ein aufklärendes Gespräch wirkt in solchen Fällen oft Wunder. Bleibt zu hoffen, dass sich die Menschheit der Schönheit und Zuträglichkeit eines unverfälschten Sternenhimmels wieder bewusster wird. Wenn nicht für die Fledermäuse, dann wenigstens im Interesse der eigenen Gesundheit.

Die Stiftung Fledermausschutz

Das Hauptanliegen der Stiftung Fledermausschutz ist die Sympathiewerbung für Fledermäuse, denn nur wer Fledermäuse kennt, kann Fledermäuse schätzen und schützen. Die Stiftung Fledermausschutz ist die Drehscheibe für fledermauskundliche Informationen in der Deutschschweiz und im Tessin. Sie berät Behörden, Fachpersonen und die Bevölkerung bei der Umsetzung der bundesrechtlichen Schutzbestimmungen. Am Zoo Zürich unterhält sie die Ausstellung «Fledermaus-Welt» und bietet für die interessierte Bevölkerung zahlreiche Ausbildungslehrgänge und Events an, um Fledermäuse hautnah erleben zu können. Die Stiftung Fledermausschutz betreibt mit Unterstützung des Zoos Zürich und des Zürcher Tierschutzes das Fledermausschutz-Nottelefon und die Fledermaus-Notpflegestation. Darüber hinaus engagiert sie sich für die Umsetzung konkreter Schutzprojekte. Helfen Sie uns, unseren Fledermäusen zu helfen!
Spendenkonto: PC 80-7223-1, IBAN CH71 0900 0000 8000 7223 1
Stiftung Fledermausschutz
Zürichbergstrasse 221
8044 Zürich
Sekretariat: 044 254 26 80
Fledermausschutz-Nottelefon: 079 330 60 60
www.fledermausschutz.ch 

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NATURZYT Ausgabe Juni 2023, Text Elias Bader, Fotos Stiftung Fledermausschutz

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