Steinmarder schaut neugierig von einem Moosboden

Früher war er als Hühnermörder und Obstdieb verschrien. Heute haftet ihm der Ruf eines Poltergeists und Kabelkillers an. Und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde er fast ausgerottet. Der Steinmarder, auch «Hausmarder» genannt.

Das schöne Fell des Steinmarders (Martes foina), aber auch dasjenige des Baummarders (Martes martes) führten um 1930 fast zur Ausrottung. Das schwindende Interesse an seinem Pelz sowie Einschränkungen in der Jagdzeit liessen die Marderpopulationen langsam und beinahe unbemerkt wieder anwachsen.

Grosse Aufmerksamkeit erregte der Steinmarder jedoch erst wieder im Jahre 1978, als verschiedene Klagen der Einwohner im Raum Winterthur wegen Vandalismus an ihren Autos bei der Polizei eingingen. Scheinbar böswillig zerschnittene Zündkabel, abgerissene Plastikmanschetten oder durchlöcherte Kühlschläuche wurden gemeldet. Erst nach nächtelanger Observierung konnte der Täter gefasst werden: ein Steinmarder.

Steinmarder steigt auf einen Ast
Sie sind ausgezeichnete Kletterer, auch auf rauen Hausfassaden.

Der Steinmarder ist ein Allesfresser

Die Steinmarder fühlen sich wohl in der Nähe des Menschen und finden im Siedlungsraum alles, was sie zum Überleben brauchen. Die einen freut es, den anderen ist der pelzige Nachbar ein Dorn im Auge. Aufmerksam werden Hausbesitzer, welche Marder beherbergen, vor allem zwischen April und September durch nächtliche Ruhestörung. Denn Jungmarder, die im April geboren werden, üben im Mai/Juni mit ihren Jagd- und Kampfspielen das tägliche Leben, das erzeugt viel Lärm. Kurz darauf im Juli/August sorgen heftige und ausdauernde Paarungsspiele für weitere schlaflose Nächte. Ja, Marder können sogar so heftig «poltern», dass man Einbrecher im Haus vermuten könnte oder Poltergeister im Dachgeschoss.

Steinmarder im Sprung von Ast zu Ast
Steimarder können bis 2 Meter weit springen.

Ursprünglich war der Steinmarder ein Felsbewohner und fand sein Zuhause zwischen Felswänden und in Geröllhalden. Der Sprung zu den heutigen Häuserschluchten war kein grosser – aber lohnend. Denn im Dorf und in der Stadt ist für den Allesfresser der Tisch das ganze Jahr über reich gedeckt. Ob Scheunen, Speicher, Dachböden oder Abstellräume: alle sind für den Steinmarder optimal als Behausung oder Tagesversteck. Und überall wo er seinen 5 Zentimeter grossen Kopf durchkriegt, folgt auch der Rest des Körpers problemlos nach. Am Boden ist er flink und wendig. Für den guten Kletterer sind Maschenzäune oder grob verputzte Hauswände kein Hindernis. Auch den Zugang zum Dachgeschoss findet er von einem nahen Baum aus, von welchem er bis 2 Meter weit auf das Dach springen kann.

Steinmarder sind Einzelgänger, welche nur zur Paarungszeit im Juli und August zusammenfinden. Sie besetzen ein Revier, welches ca. 50 bis 100 Hektar gross ist. Und dieses Revier wird vor allem gegen männliche Artgenossen verteidigt. Die Stadt Basel bietet so zum Beispiel für nur 120 Marder Platz.

Als Allesfresser finden Steinmarder in der Nähe des Menschen gute Lebensbedingungen. Unsere Speiseabfälle sind gern genutzte Futterquellen, aber auch Mäuse, Ratten, Eichhörnchen, Spatzen und Tauben sind Jagdbeute. Im Herbst macht dann vor allem Fallobst gut 80 Prozent der Nahrung aus. Aber auch für unsere Haustiere, wie Kaninchen, Meerschweinchen, Ziergeflügel und Hühner, kann der Marder gefährlich werden, falls wir diese nicht optimal schützen. Das heisst, sicher eingezäunt, und zwar so, dass er keine Möglichkeit hat durchzudringen. Gelegentlich kommt es auch zu Kämpfen mit Katzen, wobei für gesunde, wehrhafte Katzen keine Gefahr besteht.

Steinmarder rennt über Ast und Steine am Boden
Wendig und flink sind sie unterwegs.

Ist der Steinmarder ein blutrünstiger Hühner-Killer? 

Das frühere Vorurteil, der Marder sei ein blutrünstiger Hühner-Killer, ist heute wiederlegt. In neusten Untersuchungen in deutschen und italienischen Dörfern wurde aufgezeigt, dass es der Marder nicht auf die Hühner abgesehen hat, sondern seine Vorliebe den Eiern und dem Hühnerfutter gilt. Auf der Suche nach diesen Leckerbissen kann es aber vorkommen, dass Hühner in panikartiges Gezeter und Geflatter ausbrechen. Dadurch wird beim Steinmarder ein massiver Reiz zum Beutemachen ausgelöst. Was in einem regelrechten Blutbad enden kann.

Als nachtaktiver Einzelgänger legt er so in einer Nacht auf seinen Streifzügen 6 Kilometer und mehr zurück und setzt mittels Duft stoffen klare Zeichen an seine männlichen Artgenossen: Das ist mein Revier und du hast hier nichts zu suchen. Die Rüden (Männchen) haben grössere Gebiete als die Fähen (Weibchen), aber mindestens der Wohnraum eines Weibchen liegt vollständig oder grösstenteils im Rüden revier. In der Regel meiden sich die Fähe und der Rüde, ausser zur Paarungszeit zwischen Mitte Juni und Mitte August.

Steinmarder im Wald zeigt seine Krallen
Typisch ist sein grau - braunes Fell mit dem markant gegabelten weissen Kehlfleck.

Die Steinmarder sind Einzelgänger, ausser in der Paarzungszeit

Ist die Fähe bereit, sucht sie den Rüden in seinem Versteck auf, um sich zu paaren. Die Jungmarder werden im Frühjahr März/April geboren. Wer jetzt meint, die Tragzeit dauere 7 Monate, irrt. Das befruchtete Ei nistet sich erst nach längerer Keimruhe ab Januar bis März in die Gebärmutterwand ein. Auch wenn manchmal Fähe und Rüde im Januar oder Februar zusammen gesehen werden, erfolgt keine Paarung, da die Rüden zu dieser Zeit nicht zeugungsfähig sind. Die eigentliche Tragzeit ist etwa ein Monat. Danach werden zwischen 2 und 5 grauweiss bepelzte Junge geboren. Diese wiegen ca. 30 Gramm und sind bei der Geburt blind. Gut 6 Monate bleiben die Jungmarder bei der Mutter. Bis zu 6 Wochen werden sie mit Muttermilch aufgezogen und beginnen dann langsam feste Nahrung aufzunehmen. Ca. ab der 11. Woche verlässt die Mutter mit den Jungen das Versteck und geht im Freien auf Streifzug. Während dieser Zeit werden wechselnde Verstecke im Revier besucht. Die Jungtiere lernen nun vieles durch Nachahmen, etwa Nahrung aufzufinden, Beute zu erlegen und auch mit den Gefahren der Umgebung wie Autos etc. umzugehen.

Die Jungtiere lernen durch die Führung der Mutter auch, die zahlreichen Motorräume als ideale Tummelplätze und Unterschlupfe zu nutzen. So werden diese Hohlräume der parkierten Eisenkolosse als Schlafversteck, Spielplatz und Vorratskammer genutzt. Mittlerweile zeigen auch verschiedene Untersuchungen, dass die Marder nicht, wie bisher angenommen, «scharf» auf den Gummi sind und deshalb die Kabel und Schläuche durchbeissen. Es ist der allgemeine Charakter des Marders, denn neugierig und verspielt wie er ist, bietet ihm der Motorraum allerhand, was mit der Schnauze untersucht und erkundet werden muss. Das führt aber in der Regel zu keinen Schäden. Ein besuchter Motorraum ist automatisch nun aber mit etlichen Duft spuren bestückt, egal ob dieser als Schlafplatz oder Spielplatz benutzt wurde. Steht das Fahrzeug am nächsten Tag in einem anderen, vor allem männlichen Marderrevier, ist Ärger vorprogrammiert. Die verschiedenen Duft spuren beweisen dem Artgenossen, dass hier ein Eindringling am Werk war. Das bringt diesen in Rage, und die daraus resultierenden Aggression wird dann kurzerhand, da kein wirklicher Widersacher vor Ort ist, an den Schläuchen und Kabeln abreagiert.

Steinmarder auf einem moosbewachsenen Stein
Im Unterschied zum Baummarder hat der Steinmarder runde Ohren und ein braungraues Fell.

Unterschied zwischen Steinmarder und Baummarder

Der Steinmarder ist ein sogenannter «Kulturfolger» und ist Gegensatz zum Baummarder, welcher ein «Kulturflüchter» ist, nicht sehr scheu. Das ist auch der Grund, weshalb der Baummarder in Dörfern und Städten nicht anzutreffen ist. Auf den ersten Blick sehen beide fast gleich aus. Die erkennbaren Unterschiede auf den zweiten Blick sind die runden Ohren des Steinmarders (der Baummarder hat spitze) und ein gegabelter, markanter weisser Kehlfleck des Steinmarders gegenüber dem gelblichen, ovalen Fleck des Baummarders.

Marder liegt auf einem Ast

Den Steinmarder fernhalten oder vertreiben

Damit der Marder nicht als Untermieter die Nachtruhe stört, seinen Kot oder Beutereste im Gebäude hinterlässt, sich an Küchenabfällen genüsslich bedient oder an unseren Haustieren vergreift, sollten einige Regeln beachtet werden:

  • Mülltonnen sollten stets gut verschlossen sein
  • Keine Nahrung im Freien oder in für den Marder zugänglichen Nebengebäuden lagern
  • Vor Dämmerungsbeginn Fenster und Türen zu Vorratskammer, Keller, Küche etc. schliessen
  • Kleintierställe stets mit einem Riegel schützen und sicherstellen, dass er auch sonst nirgends hineingelangen kann.
  • Lose oder zerbrochene Ziegel ersetzten, defekte Stirnbretter und Übergänge zwischen Dach und Lukarnen reparieren
  • Abwasserleitungen evtl. mit Plastikmanschetten versehen, um den Aufstieg zu verhindern, allfällige überhängende Äste stutzen

Sollte ein Untermieter bereits eingezogen sein, müssen Sie sicherstellen, dass er, bevor Sie den Zugang verschliessen, auch sicher ausgezogen ist. Hier können verschiedene Massnahmen mehr oder weniger hilfreich sein:

  • Parfum-Stofflappen auslegen: Sicher keine günstige Lösung, aber der Steinmarder mag keine fremden Gerüche und lässt sich davon stören und fühlt sich genötigt auszuziehen.
  • Radiowecker stellen: Hört sich etwas komisch an, wirkt aber, denn Marder mögen keinen Lärm, ein gut eingestellter Radiowecker wird ihn zwingen, seine Behausung zu verlassen.
  • Helles Licht: Marder sind Lichtempfindlich. Ein Bewegungsmelder mit heller Lampe gekoppelt kann einfach konstruiert werden. Sobald er sich nähert, wird er erfasst und durch den hellen Lichtkegel abgeschreckt.

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NATURZYT Ausgabe September 2018, Text Michael Knaus, Foto AdobeStock

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