Rote Hagebuten an einem Ast mit Reif vom Winter

«Die Hagebuttenelfe singt. Hört nur, wie ihr Herbstlied klingt: Kühlern frischer Morgentau, mittags ist der Himmel blau, abends weisse Nebel stehen, blassgelb ist der Mond zu sehen. Längst vergangen ist die Zeit, als im rosa Blütenkleid wir noch Heckenrosen waren und die leichten, wunderbaren Schmetterlinge uns begrüsst und dabei uns zart geküsst.»

(Cicely Mary Barker)

Liebe garten- und naturbegeisterte Leserinnen und Leser, der Winter steht vor der Tür, und ich beginne den Artikel mit dem Ende des Rosenzyklus – oder ist es gar der Anfang?
Mit dem Verblühen der Blüten beginnt die Bildung der Hagebutten und somit die Samenproduktion – aber nur bei denjenigen Rosen, die auch von Bienen und Hummeln bestäubt wurden oder werden konnten, denn gefüllte Blüten haben keine oder so verborgene Staubbeutel, dass sie die Insekten nicht erreichen können. Verwelkte Blüten sollen nicht abgeschnitten und Rosen nicht zurückgeschnitten werden, schon gar nicht im Sommer. Im Herbst und bis weit in den Winter verzieren dann Hagebutten in den unterschiedlichsten Farben und Grössen die Rosensträucher. Die kleinste Hagebutte ist zwischen 0,5 und 1,5 cm gross, während eine der grössten 2,5 bis 4 cm lang wird.

Hagebutten von verschiedenen Rosen
Die kleinste Hagebutte ist zwischen 0,5 und 1,5 cm gross, während eine der grössten 2,5 bis 4 cm lang wird.

Hetschepetsche, Hilften, Hägen oder Hetscherl

Der erste Teil des Wortes «Hag» verweist auf das Vorkommen der Pflanze an oder in Hecken, der zweite Teil «butten» stammt aus dem Süddeutschen und bedeutet so viel wie Verdickung oder dicke, runde Gestalt. Wussten Sie, dass Hagebutten auch Hetschepetsche, Hiften, Hägen oder Hetscherl heissen? So oder so, Hagebutten sind eine Delikatesse für viele Tierarten, aber auch für uns Menschen. Grundsätzlich sind die Früchte aller Rosenarten geniessbar, einige sind jedoch besonders saftig, so zum Beispiel die Hagebutten von Apfelrose (Rosa villosa), Hundsrose (Rosa canina), Gewöhnlicher Vogesenrose (Rosa dumalis) und der Heckenrose (Rosa corymbifera). Während Rosenund Hagebutten-Köstlichkeiten für uns Menschen in beinahe jedem Gartenheft zu finden sind, möchte ich an dieser Stelle auf den kulinarischen Wert für die Tierwelt hinweisen.

Die ganze Rose, und damit meine ich in erster Linie eine der rund 30 in Mitteleuropa heimischen Wildrosen, sind wertvolle Futterquellen. Rund 31 Schmetterlingsarten, 10 Wildbienenarten, 33 Blattwespenarten, 16 Blattlausarten und mehrere Käfer- und Wanzenarten ernähren sich von Pollen und Blättern. Die Pflanze steckt diese Frassspuren locker weg und bildet neue Blätter, und der oder die naturbegeisterte Gärtner(in) freut sich über den Beweis, wie wertvoll diese Pflanzen für die einheimische Tierwelt sind.

Von den Hagebutten ernähren sich 27 Vogelarten. Sie zerhacken die Hagebutte, um entweder an das Fruchtfleisch oder an die Samen zu gelangen. Ebenso viele Säugetierarten ernähren sich von Früchten, Blättern und Trieben. Da gehören auch Rehe dazu, die liebend gerne an den jungen Blütenknospen knabbern. So verwundert es nicht, wenn Wildrosen zu den wertvollsten einheimischen Sträuchern gehören. Auch in Bezug auf die Nistmöglichkeiten sind Wildrosen einsame Spitze. In den stacheligen Ästen sind die Nester gut vor Katzen und anderen Räubern geschützt. Deshalb ist es sinnvoll, wenn möglich gleich eine ganze Rosenhecke zu pflanzen. Auch einzelne Wildrosen an oder um Steinhaufen schützen mit ihren stacheligen Trieben die dort sonnenden Reptilien (Achtung: Rosen in Nordausrichtung setzen, damit der Schatten nicht auf den Steinhaufen fällt!).

Wildrosen im naturnahen Garten

Wildrosen haben einen ganz eigenen und besonderen Reiz. Für mich als Naturfreundin reicht es bereits, dass sie einen grossen Wert für unsere einheimische Tierwelt besitzen, das ist Grund genug, einige schöne Arten in meinem Garten zu setzen. Daneben sind es aber gerade die einfachen Blüten, die mit ihrer schlichten Schönheit bezaubern und uns nach der Blüte mit zahllosen Hagebutten leuchtende Farbaspekte in den Garten bringen.

rosa-weisse Blüte einer Wildrose
Die Wildrosenblüte mit ihrer schlichten Schönheit.

Wildrosen sind, sofern standortgerecht gepflanzt, pflegeleicht und robust. Die meisten von ihnen lieben sonnige, eher magere Plätze, doch hat die Natur auch Rosa arvensis oder Rosa pendulina geschaffen, die gut mit Schatten zurechtkommen. Rosa pendulina hat zudem keine Stacheln.

Setzen wir Wildrosen auf nährstoffreiche Gartenböden, so ist mit stärkerem Wachstum zu rechnen. Wildrosen machen immer eine gute Figur, ob in einer Hecke oder solitär gepflanzt. Da Wildrosen nur einmal pro Jahr blühen, sieht es schön aus, wenn mehrere Rosen mit unterschiedlicher Blütezeit nebeneinander gesetzt werden. So erfreuen wir uns einer längeren Blütephase. Wildrosen brauchen kaum Pflege. Sind sie einmal angewachsen, kann man sie getrost sich selbst überlassen (ausser in Töpfen). Im Frühling werden abgestorbene Triebe entfernt, und alle 3 bis 5 Jahre werden einige dicke, alte Triebe direkt über dem Boden abgeschnitten. Das gibt der Pflanze wieder mehr Licht und regt sie zur Bildung von neuen Trieben an.

Herzlich, Claudia Ebling
www.natur-im-garten.ch


Haben Rosen Stacheln oder Dornen?

Dornen sind stets umgewandelte Sprossachsen, Blätter, Nebenblätter oder Wurzeln, also umgebildete Organe. Im Laufe der Entwicklungsgeschichte wurden bei den meisten Kakteen Blätter in Dornen umgewandelt, die die Verdunstung verringern und vor Fressfeinden schützen. Stacheln sind keine umgebildeten Organe. Sie werden aus der Rinde der Triebe, aus der Epidermis, gebildet und können leicht abgebrochen werden. Das geht bei Dornen nicht. Auch Stacheln schützen vor Fressfeinden. Rosen, Himbeeren und Brombeeren haben Stacheln. Die beiden Ausdrücke werden im Volksmund häufig genau umgekehrt verwendet, da haben Kakteen Stacheln und Rosen Dornen.


Wildrosen für nächsten Frühling

In der folgenden Übersicht stelle ich Ihnen einige sehr schöne Wildrosen vor, damit Sie schon nächsten Frühling eine passende Wildrose in Ihren Garten setzen können.

Rosa Dumalis (Gewöhnliche Vogesen-Rose)

Gedrungener Strauch mit bogig überhängenden Ästen, 1 bis 1,5 m hoch, hellrosa Blüten von Juni bis Juli, Standort: sonnig, auf lehmigen, kalkreichen Böden bis 1500 m. Sehr gute Gartenrose.

Rosa Rubigniosa (Weinrose)

2 bis 3 m hoher Strauch, einzeln oder in Hecken, Blätter duften intensiv nach Apfel, rosaweisse Blüten im Juni, Standort: sonnig, passt eigentlich in jeden Gartenboden, bis 1500 m.

Rosa spinosissima (Bibernellrose)

Frühblühende Rose (Anfang Mai), weiss, Kleinstrauch bis 1 m, reichstachelig, liebt magere, trockene, sonnige Standorte, viele Wurzelausläufer, daher gut geeignet für Niedrighecken, dichte Kolonien bildend, einzige Rose mit schwarzen Hagebutten.

Rosa Tomentosa (Filzrose)

1 bis 2 m hoher Strauch, selten überhängend, blüht blassrosa bis weiss im Juni, samtweiche Blätter, Standort: sonnige Lagen auf kalkreichen Böden, gute Gartenrose für Einzelpflanzung oder in Hecken.

Rosa Villosa (Apfelrose)

Gedrungener Strauch, 0.5 bis 2 m, aufrecht, blüht Mai bis Juni karminrot bis rosa, Hagebutten riechen nach Apfel und sind schon im August erntereif, Standort: sonnig und warm, bis 2200 m, auch sie eine gute Gartenrose.

Rosa Glauca (Bereifte Rose)

1 bis 3 m hoch, überhängende Zweige, blüht Juni bis Juli, rosarot mit weiss, wunderschöne blaurote Blätter, Standort: sonnig, trocken, nicht zu nährstoffreich, für Einzelpflanzung oder niedrige Hecken.

Rosa Majalis (Zimtrose)

Kleinstrauch mit 1 bis 2 m, aufrecht wachsend, blüht Mai bis Juni, karminrosa, Standort: bis 700 m, frischfeuchte, lehmige Böden, aber auch steinige Lagen, verträgt Schatten, bildet zahlreiche Ausläufer und braucht daher Platz, gut geeignet in eine Hecke.

Rosa Pendulina (Alpen-Hagrose)

0,5 bis 2 m hoher Strauch, ohne Stacheln, blüht Mai bis Juli purpur bis rosa, Standort: 400 bis 2600 m, halbschattig, auch geeignet als Kübelpflanze.

Rosa Arvensis (Feldrose)

Niederliegender Kleinstrauch mit einer Höhe von 0,5 bis 3 m, blüht Juni bis Juli weiss, duftet, Standort: bis 1600 m, wärmeliebend, sonnig/halbschattig, kalkreiche Lehmböden, macht sehr lange Triebe.

Rosa Canina (Hundsrose)

Busch von 3 bis 5 m Höhe, überhängende Zweige, braucht Platz, blüht Juni bis Juli hellrosa, duftet, Standort: bis 1500 m, auf steinigen, warmen, lehmigen Böden, sonnig, kommt auch mit feuchteren Standorten zurecht, häufigste Wildrose. Einzelplatz (Grossstrauch!) oder in eine grosse Hecke.

Weitere naturnahe Gartenthemen die spannend sind zu wissen:

Ein naturnaher Garten ist Lebensraum für Mensch, Tier und Pflanzen

Winterzeit - Zeit sich ein paar Gedanken zum Garten zu machen

Nieswurz - stinkend oder schwarz


NATURZYT Ausgabe Dezember 2014, Text/Fotos Claudia Ebling

NATURZYT abonnieren und mit uns, unsere Natur unterstützen.

Cover der aktuellen NATURZYT Ausgabe mit Verlinkung auf unser Abo-Formular

Das Magazin NATURZYT berichtet nicht nur über unsere Natur, damit Sie diese näher erfahren und erleben können, sondern damit Sie gemeinsam mit uns, unsere Natur mehr bewahren und schützen lernen. Deshalb unterstützt NATURZYT auch wichtige Naturprojekte mit einem Teil der Abo-Einnahmen. 

Jedes Abo hilft Naturprojekten! Jetzt unterstützen und abonnieren.

Buch Ravensong - Auch Tiere haben eine Stimme

   

In spannenden und packenden Interviews erzählen unsere Wildtiere mehr über sich, wer sie sind, wie sie leben und auch was sie von uns Menschen erwarten würden.

Jetzt bestellen für CHF 34.90 im A5 Hardcover

Anzeige

NATURZYT Newsletter abonnieren

Mehr Natur erfahren

Weshalb sind Raben und Krähen meistens in Gruppen anzutreffen?

Krähen auf einem Feld im Winter

Gerade in den kälteren Monaten fällt einem auf, dass Raben und Krähen in Gruppen zusammen kommen. Weshalb ist das so?

Herstellung Knospenmazerat der Buche

Einmachglas mit eingelegten Buchenknospen

So erstellen wir ein Konspenmazerat der Buche für den Eigengebrauch.

Mehr Natur bewahren

Fledermäuse schützen: Eine Ode an die Fledermaus

Langohrfledermaus lächelt mit ihren grossen Ohren vom Holzstamm

Fledermäuse leben heimlich - und sind uns deshalb oft etwas unheimlich.

Weiden voller Leben - Mehr als Kätzchen

Salweide mit ihren Blüten

Kaum eine Gattung kommt im Frühling mit solchen Blütenfülle daher wie die der Weiden.

Mehr Natur erleben

Wandern im Güttinger Wald am Bodensee

Blumenwiese vor See in Güttingerwald

Er gehört zu den schönsten Wäldern der Schweiz, der Güttinger Wald am Bodensee.

Wandern im Zürcher Tössbergland bi Lux und Fux

Alte Baumstämme auf grüner Wiese an einem Hügel im Sommer

Luchse lieben dichte Wälder, steile Flanken und einsame Höhen. Bei einer Wanderung im wilden Zürcher Tössbergland auf Spurensuche.