Die Linde als Zentrum vieler Dörfer war Schutz- und Glücksbaum für die dort wohnenden Familien. Fieberhafte Erkältungserkrankungen werden durch die Linde gelindert.
Die Linde ist ein stattlicher Baum
Lindenbäume trifft man in Laubmischwäldern, Parks und auf Dorf- oder Gemeindeplätzen. Sie werden gerne als Alleebaum gepflanzt. Linden können bis zu 40 m hoch und mehrere hundert Jahre alt werden. Sowohl die Sommerlinde (Tilia platyphyllos) als auch die Winterlinde (T. cordata) sind sehr stattliche Bäume mit einer breitgewölbten Krone. Beide Lindenarten sind essbar und in ihrer Heilwirkung gleichartig.
Die herzförmigen Blätter sind etwas ungleichseitig mit einem gesägten Rand und bei der Sommerlinde grösser. Auf der Blattunterseite in den Winkeln zwischen den Blattnerven sind bei der Sommerlinde kleine weisse Haarbüschel zu sehen, bei der Winterlinde sind diese rötlich-braun. Die betörend duftenden, gelbweissen Blüten sind am Stiel mit einem zungenförmigen Hochblatt verwachsen. Die Linde blüht erst im Alter von 20 Jahren das erste Mal, aber dann entfalten sich jedes Jahr etwa 60 000 Blüten, die Menschen und Bienen anziehen. Als wichtige Bienenweide wird sie von den Insekten bestäubt. Die Frucht ist eine kugelige, schwach behaarte Nuss, die sich bei Sommerlinde nicht zerdrücken lässt, bei der Winterlinde hingegen schon. Es gibt weitere Lindenarten, die aber oft schwierig zuzuordnen sind, was mit diversen Kreuzungen und Zuchtformen zusammenhängt.

Die Linde im Garten
Den Standort für einen Lindenbaum im Garten sollte man wohlüberlegt wählen, wenn man bedenkt, dass sie mehrere hundert Jahre alt werden kann. Linden lieben sonnige bis halbschattige Standorte mit nahrhaften, lockeren Böden. Am besten pflanzt man sie an einem freien Standort, damit sie sich voll entfalten kann.
Das Wesen der Linde
Erhabenheit, Herzenskraft und Schönheit werden der Linde zugeschrieben. Der Name der Linde kommt aus dem althochdeutschen «Lind» was mild, sanft, weich, biegsam bedeutet. Die Linde verschafft «Linderung» also Erleichterung und Wohlergehen.
Die Linde birgt die Eigenschaft der Selbstverjüngung in sich. Von den Ästen her treibt sie junge Baumwurzeln durch den hohlen Stamm in Richtung Boden und verankert diese in der Erde. So entsteht von innen heraus ein neuer Baum. Der alte Baum zerfällt dann langsam darum herum.
Die Linde – Geschichte und Brauchtum
Die Linde wird in zahlreichen Volksliedern besungen: «Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum. Ich träumt in seinem Schatten so manchen süssen Traum …» Viele Geschichten, Gedichte, Legenden und Sagen erzählen von der Linde. Bei den Germanen galt die Linde als heiliger Baum und war der Göttin Freya geweiht, der Göttin des Glücks, der Liebe, Schönheit und Gerechtigkeit. Von unseren Ahnen wurde die Linde gern in die Dorfmitte gepflanzt. Unter dem Blätterdach der Linde traf man sich, um Nachrichten auszutauschen, oder es wurde bei Dorffesten und Hochzeiten unter ihr getanzt. In manchen Gegenden ist es Brauch, bei der Geburt des ersten Mädchens eine Linde zu pflanzen. Das weiche und elastische Lindenholz hat viele Künstler inspiriert, um wunderbare Schnitzwerke wie prachtvolle Altäre in alten Kirchen zu schaffen.

Ernten und aufbewahren der Linde
Knospen, Blätter, Blüten, Rinde und Bast werden von der Linde verwendet. Am Waldrand kann man an den tief herabhängenden Ästen oder von den Stockausschlägen, die dieser Baum bildet, Blätter besonders leicht ernten, ohne ihm zu schaden. Die Blätter werden von Mitte April bis Mitte Juni gesammelt, die Blüten mitsamt dem Hochblatt spätestens 3 Tage nach dem Aufblühen, die Früchte von August bis September. Das Sammelgut rasch an einem schattigen und luftigen Ort trocknen und in sauberen, dunklen Gläsern verschlossen lagern. Der Wirkstoffgehalt nimmt bei längerer Lagerung ab, daher jedes Jahr neu ernten. Manchmal findet sich auf Blättern und Blüten ein schwarzbrauner Pilz, diese Teile müssen aussortiert werden.
Die Linde hilft bei Erkältungserkrankungen
Lindenblüten haben sich seit Jahrhunderten bei Mensch und Tier bewährt, um Erkältungserkrankungen vorzubeugen. Wer durchgefroren nach Hause kommt, trinkt vorbeugend heissen Lindenblütentee. Der Tee mobilisiert über das Schwitzen die Entgiftung des Körpers und steigert die Abwehrkräfte. Aber auch zur Unterstützung bei fiebrigen Erkältungen werden Lindenblüten eingesetzt. Die Behauptung, man schwitze gleich stark durch das Trinken von heissem Wasser, wurde durch eine wissenschaftliche Studie widerlegt.
Der Schweissausbruch nach dem Genuss von Lindenblütentee ist auf bestimmte Inhaltsstoffe, welche die Schweissdrüsen sensibilisieren, zurückzuführen. Ausserdem lindern Lindenblüten Hustenreiz und wirken leicht krampflösend auf die Bronchien. So erleichtern sie das Abhusten. Die in den Blüten enthaltenen ätherischen Öle wirken entzündungshemmend und antibakteriell. Flavonoide wirken insbesondere kreislaufstärkend. Mit ihren Schleim- und Gerbstoffen haben Lindenblüten eine lindernde und einhüllende Wirkung.
Linde hilft beim einschlafen
Lindenblütentee beruhigt und hilft beim Einschlafen. Eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen 1 Tasse trinken. Ist auch für Kinder geeignet. Nur über einen Zeitraum von 2 Wochen einnehmen, dann pausieren.
Die Lindenholzkohle
Gepulverte Lindenholzkohle hat die Fähigkeit, das 50- bis 90fache ihrer eigenen Menge schädliche Fremdstoffe zu binden. Dadurch vermag sie Giftstoffe, wie sie bei Gärungsprozessen im Darmbereich oder nach einer akuten Vergiftung entstehen, aufnehmen. Bei Durchfällen, Erbrechen, Stuhlverstopfungen, Blähungen wird morgens und abends je 1 Messerspitze gepulverte Lindenkohle mit etwas Wasser eingenommen. Anschliessend müssen die gebundenen Giftstoffe samt Kohle mit einem leichten Abführmittel ausgeschieden werden. Hier gilt es wieder, vermehrt Erfahrungen zu sammeln.
Der Lindenbast
Der an der Innenseite der Rinde befindliche Bast wurde seit alters her zu Seilen, Matten, Kleidung und Schuhen verarbeitet. Frisch hergestellter Lindenbast wurde früher in der Volksmedizin als Breiumschlag bei Wunden und Geschwüren angewendet.
Linde in der Kräuterküche
Die jungen Blätter sind besonders weich, haben ein sehr feines Aroma und zerfliessen förmlich im Mund. Sie bereichern einen Salat, man kann sie aufs Butterbrot streuen oder wie Spinat dünsten. Die Blüten schmecken süsslich. Sie eignen sich sehr gut für Sirup, Gelee und zum Aromatisieren von Limonade. Auch die Früchte, das sind die jungen Samen, die sich kurz nach den Blüten bilden, sind essbar.
Oder als Frühlingssalat: Ein bis zwei Handvoll junger, zarter Blätter von Linde, Buche und Spitzwegerich sammeln. Ein Dressing aus kaltgepresstem Öl, Apfelessig, etwas Zitronensaft, Kräutersalz und einem Schuss Sahne zubereiten und darunterrühren. Mit Gänseblümchen- und Ehrenpreisblüten verzieren. En Guetä.
Linde in der Kräuterapotheke
Kalt angesetzter Lindenblütentee bei Husten
1 TL getrocknete Lindenblüten mit 1 Tasse kaltem Wasser aufgiessen und 1 Stunde ziehen lassen, abseihen. Bei Bedarf vorsichtig auf eine milde Temperatur erwärmen. Mehrere Tassen über den Tag verteilt trinken. Durch das kalte Ansetzen bleiben die wertvollen Schleimstoffe erhalten, die sich wie ein sanfter Film über die gereizten Schleimhäute legen und spürbare Linderung bringen.
Lindenblütenbad zur Beruhigung
Ein Lindenblütenbad beruhigt Erwachsene und Kinder. Für Erwachsene 4 Handvoll Lindenblüten mit 5 l heissem Wasser übergiessen, 10 Minuten ziehen lassen, abseihen und ins Badewasser giessen. Nach 15 Minuten baden, sofort ins Bett gehen. Für Kinder 2 Handvoll mit 1 l heissem Wasser überbrühen.
Lindenblütetee zur Gesichtspflege
Lindenblütentee eignet sich auch für die Gesichtspflege. Ein Tüchlein mit dem Tee tränken und aufs Gesicht legen. Das beruhigt gereizte Haut und lindert Rötungen. Mit einem Tee aus den Blättern der Linde kann man nach der Wäsche die Haare spülen. Das entspannt die Kopfhaut.
Lindenblüten-Tee für Mensch und Tier
1 TL getrocknete, zerkleinerte Blüten mit 1 Tasse kochendem Wasser übergiessen, 10 Minuten zugedeckt ziehen lassen, abseihen, trinken. Mehrmals täglich 1 Tasse trinken. Bei Tieren wird der Tee so warm, wie ihn das Tier verträgt, mehrmals täglich verabreicht. Anwendung maximal 2 Wochen, da Lindenblütentee kein Dauergetränk ist!
Liebe Leserin, lieber Leser, wenn es mir gelingt, Sie mit diesem Artikel über die Linde zu animieren, selber einiges auszuprobieren und Erfahrungen mit den Schätzen der Natur zu sammeln, freut mich das sehr.
Text/Fotos Ernestine Astecker
Quellen und weiterführende Literatur
- Amber, C., Baumwelten.
- Huber, A., Die Heilkraft der Bäume.
- Knauss, H., Die Botschaft der Bäume, Bd.1 u. Bd.2.
- Storl, W.-D., Das Herz und seine heilenden Pflanzen.
- Strassmann, R.A., Baumheilkunde.
- Willfort, R., Gesundheit durch Heilkräuter
Kräuterkurse und Kräuterrundgänge mit Ernestine
Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis in Fruthwilen, im Thurgau. In Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter. Nähere Informationen zum Kursangebot unter www.eastecker.ch oder Telefon 043 322 86 70.
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