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NATURZYT-Ausgabe Juni 2023

Naturgarten – ein natürlicher Lebensraum für die Artenvielfalt

Junge Tulpen

Eine (Tulpen)Zwiebel macht Geschichte

Liebe garten- und naturbegeisterte Leserinnen und Leser, beim Wort Tulpenzwiebel schweben unsere Gedanken schon Richtung Frühling, Sonnenstrahlen tauchen auf, die die bunten Frühblüher in bestes Licht tauchen. Doch was wissen Sie über die Tulpenzwiebel? Woher kommt sie, was ist ihre Geschichte und wie kommt sie überhaupt zu ihrem (Tulpen)Namen?

Die Tulpenzwiebel hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. So geht man davon aus, dass der lateinische Name Tulipa von der heute nicht mehr getragenen, turbanähnlichen Kopfbedeckung «dulband» in Persien abgeleitet wurde. Dies deutet auch schon auf den ursprünglichen Lebensraum der Tulpe hin: Zentralasien. Um 1500 kamen die Tulpen erstmals als Handelsartikel aus dem Osmanischen Reich nach Konstantinopel. Dort begann man dann ab 1520 mit der Züchtung. Der Sultan Suleiman II. war sehr angetan von den Tulpen und schmückte seinen ganzen Palast damit. Sie waren sogar als Ornamente auf Wandfliesen, Vasen, Stoffen und sogar auf seinem Herrscherwappen selbst vertreten. In der Türkei herrschte zu dieser Zeit ein wahrer Tulpenwahn. Es sollte nicht der einzige bleiben. Auch heute noch ist in der Türkei die Tulpe die Nationalblume sowie Sinnbild für Leben und Fruchtbarkeit.

Von der Türkei nach Amsterdam

Ein Habsburger Diplomat, der am Hofe Suleimans II. tätig war, sandte 1554 eine Zwiebel nach Wien, von wo sich die Tulpe schnell in ganz Europa verbreitete. 1578 traf sie in Grossbritannien ein. Der englische Schriftsteller John Parkinson war der erste, der in seinen Büchern die Einteilung der Tulpen in früh-, mittel- und spätblühend vornahm. Diese Einteilung gilt bis heute. Erst ungefähr Ende des 16. Jahrhunderts kamen die Tulpen nach Holland. Dort verliebte sich ein holländischer Botaniker in sie und begann mit ihrem Anbau und ihrer Zucht. Dies war jedoch ein schwieriges Unterfangen, da aufgrund des Klimas und der Feuchtigkeit die Zwiebeln krankheitsanfällig wurden und zu faulen begannen. Dies steigerte jedoch nur ihre Exklusivität. Besonders begehrt waren die seltenen Arten mit rotem und dunkel violettem Blütenmuster auf weissem oder gelbem Grund. Doch die Reproduktion dieser Art Färbung war in der Regel nicht erfolgreich. Aus mehr farbigen Mutterzwiebeln brachte man nur einfarbige Tulpen her vor, und aus einfarbigen Tulpen entwickelten sich plötzlich wieder mehrfarbige. Schuld daran war ein Virus, das so genannte Tulpenmosaikvirus, über tragen von Blattläusen. Dies fand man allerdings erst viele Jahre später heraus.

Die Wildtulpen (Turkestanica) gehören zur Tulpenklasse 12 bis 15.

Tulpenhandel wird reguliert

Die Jagd nach diesen mehrfarbigen Tulpen trieb viele in den Ruin. Immer mehr Menschen setzten ihr Vermögen aufs Spiel in der Hoffnung, mit dem Tulpengeschäft schnell reich zu werden. Die Preise für Tulpenzwiebeln stiegen in astronomische Höhen. Wer sich keine Tulpenzwiebeln leisten konnte, liess sich eine in Öl malen. Auch der Maler Rembrandt stieg in den Zwiebelhandel ein und verlor dabei sein ganzes Vermögen. Die Farben der verschiedenfarbigen Tulpen sehen aus wie mit einem Pinsel gemalt. Sie waren weitaus die begehrtesten in der damaligen Zeit und man benannte sie nach dem Maler Rembrandt.

1637 fielen die Tulpenpreise plötzlich zusammen, da das Angebot auf einmal grösser war als die Nachfrage. Die Regierung Hollands begann das Geschäft mit den Tulpen zu regulieren, und von da an waren sie für alle zu erschwinglichen Preisen zu kaufen. Einige der historischen Tulpensorten sind heute noch erhältlich.

Holland ist heute der grösste Tulpenzwiebelproduzent mit rund 4,2 Millionen Zwiebeln pro Jahr. Auf riesigen Feldern baut man dort die Tulpe an, und zu ihren Ehren werden im Frühling in ganz Holland Tulpenfeste organisiert. Ausgewanderte Holländer haben oft ihre Liebe zur Tulpe und diese gleich mitgenommen. So finden wir Tulpenfeste zum Beispiel auch in New York (früher New Amsterdam) oder in Holland, Michigan.

Der Tulpenzuchtboom erreichte etwa Ende des 19. Jahrhunderts seinen Höhepunkt. Das Durcheinander bei weit über 3000 Sorten war gross, und so begann man 1913 in Grossbritannien mit einer ersten Klassifizierung, nicht zuletzt deshalb, weil einzelne Sorten unter sechs verschiedenen Bezeichnungen zu finden waren. Diese Klassifizierung wurde laufend überarbeitet und ist seit den 1980er Jahren mehr oder weniger konstant. (siehe Tabelle)

DIE HEUTIGE TULPENEINTEILUNG



Frühe Tulpen Klasse 1 und 2

Einfache und gefüllte frühe Tulpen

Mittlere Tulpen Klasse 3 und 4
Triumph- und Darwin-Hybrid-Tulpen

Späte Tulpen Klassen 5 bis 11 
Einfache späte Tulpen, Lilienblütige Tulpen, Gefranste Tulpen, Viridiflora-Tulpen, Rembrandt-Tulpen, Papageien-Tulpen, gefüllte späte Tulpen

Wildtulpen Klassen 12 bis 15
Kaufmannia-Tulpen, Fosteriana-Tulpen, Greigii-Tulpen, andere Wildtulpen

Tulpen für den naturnahen Garten

Die Auswahl der Tulpen ist in erster Linie Geschmacksache. Dennoch gilt es für den naturnahen Garten einige Dinge zu überlegen. Biologisch produzierte Tulpen, denen wir im naturnahen Garten den Vorzug geben, benötigen ein Vielfaches weniger an Chemie. Die konventionell angebauten Sorten sind meist leicht vermehrbare Massenware und oft nach einer Blütensaison erschöpft. Die biologischen hingegen sind robuster und langlebiger. Gerade Tulpen der Gruppe «Frühblüher» sind äusserst wertvoll für Insekten, da so früh im Jahr das Blütenangebot noch gering ist. Hier wählt man vorteilhaft erweise eine ungefüllte Tulpe, damit die Insekten vom Nektar und Pollen profitieren können. Wildtulpen sind zwar deutlich kleiner als Zuchtsorten, sie sind aber unkompliziert, robust und eignen sich hervorragend zum Verwildern.

Tulpenzwiebeln können jetzt im Dezember gerade noch gesetzt werden, solange der Boden noch nicht gefroren ist. Dazu die Zwiebeln mit der Spitze nach oben ohne Düngerzugabe in durchlässige Gartenerde doppelt so tief in den Boden stecken wie die Zwiebel hoch ist. Achten Sie auf genügend Sonne und einen nicht zu nassen Standort, sonst fängt die Zwiebel zu faulen an. Tulpenzwiebeln kann man nach Lust und Laune, mit oder ohne System, setzen. Der Pflanzabstand ist so zu wählen, dass die Pflanze genügend Platz für die Entwicklung hat, aber nicht zu weit auseinander, damit sie noch zur Geltung kommt. Grundsätzlich ist es so, dass der Tulpenzwiebeleffekt grösser ist, wenn man mehrere Tulpen auf kleinem Raum setzt als über den ganzen Garten ein paar wenige verteilt.

Nach dem Verblühen werden, ausser bei den Wildtulpen, nur die Blütenköpfe abgeschnitten, Stängel und Blätter bleiben stehen, damit deren Saft und die Kraft daraus in die Knolle zurückkehren können. Jetzt kann man der Zwiebel auch noch ein bisschen Kompost zugeben, der erhöht die Nährstoffreserve in der Knolle zusätzlich. Verwelkte Tulpenblätter können mit Nachbarstauden geschickt verdeckt werden.

Bei den Wildtulpen lässt man die verblühte Blüte stehen, damit sie sich versamen kann. Es empfiehlt sich, jeden Herbst aufs Neue Tulpen- oder andere Zwiebelpflanzen zu setzen, denn die Zwiebeln können im Jahresverlauf verdorren, verfaulen, von Mäusen gefressen werden oder schlicht ihre Blühwilligkeit aufgeben.
Und mit einem solch schlummernden Blütenschatz im Garten wünsche ich Ihnen von Herzen ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes, naturnahes neues Jahr.

Herzlich
Claudia Ebling
www.natur-im-garten.ch

Text/Fotos Claudia Ebling

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