Weisse Blüten des Weissdorn

In der modernen Heilpflanzenkunde ist der Weissdorn ein universelles Herzmittel. Eine Fülle an klinischen Untersuchungen belegt die Wirksamkeit bei verschiedenen Herz- und Kreislauferkrankungen.

Begegnung mit dem Weissdorn in der Natur

Der Weissdorn ist ein holziger Busch mit stark verzweigten Ästen und vielen Dornen. Wir finden ihn an Waldrändern, Hecken, in lichten Laub- und Nadelwäldern bis auf 1600 Meter Höhe. Mit seinem fast undurchdringlichen Gestrüpp, oft in Gesellschaft mit Schlehen, Berberitzen oder Heckenrosen, bietet er Schutz, wertvolle Nahrung und Nistplätze für viele Tiere. Im April oder Mai erstrahlt der Weissdorn in einer weissen Blütenpracht und erfreut Spaziergänger und Wanderer.

Der Heckenstrauch oder Baum zählt zu den Rosengewächsen, wird bis etwa 10 Meter hoch, ist in ganz Europa zu finden und kann bis 500 Jahre alt werden. Er ist einer der ersten Frühlingsblüher. Im Unterschied zum Schwarzdorn (Schlehe) treibt der Weissdorn zuerst die Blätter und dann die Blüten. Die Blätter sind drei- bis fünflappig und glänzen an der Oberfläche. Die schneeweissen Blüten besitzen 5 Kronblätter und über 20 Staubgefässe mit rosaroten Staubbeuteln. Im Herbst bilden sich leuchtend rote Beeren, die mehlig und süss schmecken.

Beim eingriffeligen Weissdorn (Crataegus monogyna) findet man in der reifen, roten Frucht nur einen Kern. Der zweigriffelige Weissdorn (Crataegus laevigata oder C. oxya- cantha) bildet zwei Griffel und daher auch zwei Kerne in der Frucht aus.

rote Beeren am Weissdorn Strauch
Die knallroten Beeren des Weissdorn

Anbau im Garten

Es lohnt sich, den Weissdorn im eigenen Garten anzulegen. Durch rigorose Abholzung findet man ihn in der Natur leider immer seltener. Früher fand man den Weissdorn gern um Hof und Scheune, so zog er als Hagedorn (aus dem Germanischen «Haga»=Hecke) eine Grenze um das Grundstück und schenkte Schutz und Geborgenheit. Der Weissdorn ist sehr anspruchslos. Er kann durch Aussaat oder Ableger gezogen werden.

Ernte und aufbewahren

Verwendet werden Blätter, Blüten und Beeren. Blätter und Blüten werden gleichzeitig geerntet, da zum Zeitpunkt der Blüte der Wirkstoffgehalt am höchsten ist. Die roten Beeren werden im September oder Oktober gepflückt. Die gesammelten Pflanzenteile an einem warmen Ort trocknen und in gut schliessenden Behältern aufbewahren. Die Wirkstoffe nehmen rasch ab, daher jedes Jahr neu sammeln. Blätter, Blüten und Beeren werden zur Teeherstellung verwendet. Aus den Beeren lassen sich auch Mus und Wein herstellen.

Weissdorn in der Homöopathie

In seinem Werk «Homöopathische Reimregeln» beschreibt Dr. Ernst Gardemin die Anwendung von Weissdorn treffend:Niemand sieht es dem Weissdorn an, was er alles leisten kann: Wenn ein Mensch mit krankem Herzen vor Beklemmung, Angst und Schmerzen, Tag und Nacht verzweifelt klagt und am Leben fast verzagt, nehm er voll Vertrauen nur ein paar Tropfen der Tinktur und sein Zustand, erst so kläglich, wird bald wieder ganz erträglich. 
Es beruhigt auch das Herz und beseitigt Angst und Schmerz. Und der Schlaf oft schwer gestört, binnen kurzem wiederkehrt. Grad` bei solchen Herzanfällen, die den Kranken furchtbar quälen, Merke dieses Mittel dir, als ein Lebenselixier!

Geschichtliches zum Weissdorn

Der Name Crataegus leitet sich vom griechischen Wort für stark, fest ab. Gemeint ist das harte, abwehrende und schützende Holz des Stammes und der Dornen. Aus dem festen Weissdornholz wurden früher Spazier- und Wanderstöcke oder Werkzeugstiele hergestellt. Übrigens soll das Holz der Spindel, an der sich Dornröschen im gleichnamigen Märchen, stach, aus Weissdorn gewesen sein. Für die Germanen bedeutete der Weissdornstrauch Geborgenheit, und aus den kraftspendenden Beeren kochten sie ein Mus oder assen sie roh. Den Kelten war der Weissdorn ein heiliger Baum, und wer ihn widerrechtlich fällte, wurde bestraft .

Was sagen die alten Kräuterkundigen zum Weissdorn

Im alten China und bei den Ureinwohnern Amerikas wurde Weissdorn zur Stärkung des Herzens eingesetzt. Quercetanus, Arzt und Paracelsus- Anhänger, stellte für seinen König Heinrich IV, aus Weissdorn ein stärkendes und erneuerndes Mittel her. Mitte des 19. Jahrhunderts wendete der irische Arzt Dr. Thomas Green den Weissdorn sehr erfolgreich bei verschiedenen Herzerkrankungen an.

Wirksame Vielfalt an Inhaltsstoffen

Weissdorn enthält in Blättern, Blüten und Früchten eine bunte Vielfalt an Inhaltsstoffen mit unterschiedlicher Zusammensetzung: Flavonoide (z.B. Quercetin, Hyperosid), Procyanidine, Gerbstoffe, Phenolcarbonsäuren, Triterpensäuren, Sterole, Mineralstoffe (z.B. Kalzium, Kalium, Magnesium) u.a. mit herzkräftigender, nervenstärkender, beruhigender, krampflösender, durchblutungsfördernder, blutdruckregulierender Wirkung.

rote Beeren im Sonnenlicht des Weissdornstrauches

Weissdorn stärkt das Herz

Weissdorn verbessert die Durchblutung der Herzkranzgefässe, wodurch diese Sauerstoff besser ausnutzen können. So kann der Herzmuskel beständiger und gleichmässiger arbeiten. Ausserdem werden Beschwerden bei arteriosklerotischen Verengungen gemindert. Krampfartige Beklemmungsgefühle und Anfallsbereitschaft für eine Herzenge (Angina pectoris) können reduziert werden. Eine Fülle von klinischen Untersuchungen bestätigt die Wirksamkeit des Weissdorns als Herzmittel insbesondere bei chronischer Herzschwäche (Herzinsuffizienz). Besonders bei älteren Menschen mit altersbedingten Degenerationserscheinungen des Herzens ist Weissdorn ein wichtiges Heilmittel. Aber auch bei gestressten und gehetzten Menschen mit frühzeitigen Abnützungserscheinungen ist Weissdorn eine Arznei. Vorbeugend eingenommen, lässt Weissdorn spätere Stadien von Herzerkrankungen gar nicht erst auftreten.

Weissdorn wirkt regulierend auf den Blutdruck

Weissdorn entspannt die Gefässe, wodurch der Gefässwiderstand gesenkt und der Blutdruck reguliert wird. Weissdorn wirkt regulierend auf hohen und niedrigen Blutdruck.

Kuren mit Weissdorn

Weissdorn entfaltet seine Wirkung erst nach längerer Zeit. Er soll daher langfristig (mindestens 3 Monate) eingenommen werden. Um einer Herzmuskelschwäche vorzubeugen, soll Weissdorn nach Infektionskrankheiten und Grippe eingesetzt werden. Weissdorn sollte in jeder Grippeteemischung enthalten sein.

Weissdorn in der traditionellen chinesischen Medizin

Die zugeordneten Organe sind Lunge und Herz, Magen und Leber. Weissdorn stärkt den mittleren Erwärmer, ist wichtig für die Herzenergie und wird bei Herzerkrankungen und erhöhtem Cholesterinspiegel angewendet.

Weissdorn in der Kräuterapotheke

Weissdornessenz

Ein Glas mit klein geschnittenen Blättern und Blüten füllen und mit etwa 40% Bio-Weinbrand bedecken. 3 bis 4 Wochen am Fensterbrett stehen lassen, täglich schütteln, danach in dunkle Tropfflaschen abfüllen. 3 mal täglich 20 bis 25 Tropfen ein nehmen.

Weissdronlikör

Eine Handvoll Weissdornbeeren, 2 TL Melissenblätter, 200 g braunen Kandiszucker in 1 L Cognac ansetzen, 4 Wochen ziehen lassen, ab und zu schwenken. In dunkle Flaschen abseihen, kühl und dunkel noch einige Wochen nachreifen lassen. Täglich 1 Likörglas zur Herzstärkung einnehmen.

Weissdorntee

1 TL Blüten und Blätter mit 1 Tasse kochendem Wasser übergiessen, zugedeckt 15 Minuten ziehen lassen, abgiessen. 3-mal täglich 1 Tasse trinken, kurmässig über mehrere Wochen oder Monate. Zur Kräftigung und Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems. Weissdorn kann mit anderen Kräutern wie Melisse, Baldrian oder Lavendel gemischt werden. Einen Tee aus den Beeren kurz aufkochen, 15 bis 20 Minuten ziehen lassen, abseihen. Er gibt ein besonders stärkendes Getränk für ältere Menschen.

Die Anwendung der angeführten Rezepturen erfolgt auf eigene Verantwortung und ersetzt keinen Arztbesuch. Eine Haftung der Verfasserin bzw. der Redaktion ist ausgeschlossen.

Quellen und weiterführende Literatur

  • U. Bühring, Alles über Heilpflanzen. Ulmer.
  • E. Gardemin, Homöopathische Reimregeln, Haug Verlag.
  • S. Hirsch & F. Grünberger, Die Kräuter in meinem Garten.
  • Freya. A. Lingg, Das Heilpflanzenjahr, Kosmos.
  • W.D. Storl, Das Herz und seine heilenden Pflanzen, AT Verlag.
  • B. Vonarburg, Homöotanik Bd. 1, Haug Verlag.
  • R.F. Weiss, V. Fintelmann, Lehrbuch der Phytotherapie, Hippokrates.

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NATURZYT Ausgabe September 2016, Text Ernestine Astecker, Foto Ernestine Astecker, AdobeStock

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