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NATURZYT-Ausgabe Juni 2023

Gespräche mit Tieren, was hätten unsere Wildtiere uns zu sagen?

Taubenschwänzchen Illustration

Ein tierisch gutes Gespräch mit Trudchen Taubenschwänzchen

Wir sind nicht die einzigen Lebewesen auf diesem Planeten, doch wir sehen die Dinge immer nur aus unserer Sicht. Wie aber wäre es, wenn wir hören könnten, was unsere 4-, 8- oder 111-beinigen Mitbewohner dieser Erde uns zu sagen haben? Was würden sie wohl über uns Menschen denken, und wie würden sie ihr Zusammenleben mit uns empfinden?

Eine spannende Idee – sähen wir das ganze einmal aus ihrer Sicht und erführen, was sie uns alles zu sagen hätten. NATURZYT hat sich deshalb entschlossen, neue Wege auszuprobieren und sich darüber Gedanken zu machen, was wäre, wenn sie wie wir sprächen und wir sie einfach fragen könnten.

Sie schwirren von Blüte zu Blüte und trinken in Windeseile Unmengen an Blütennektar. Fasziniert beobachten wir, wie sie fast schon still in der Luft stehen, nur ihre Flügel bewegen sich in rasender Geschwindigkeit hin und her. Fälschlicherweise halten wir sie oft für Kolibris, obwohl sie ganz und gar nichts mit diesen Vögeln gemeinsam haben, ausser vielleicht, dass sie unglaublich schnell sind und grosse Mengen an Nektar benötigen. Unsere Taubenschwänzchen – sie sind einfach eine Wucht.

Eines schönen Nachmittags, gerade mit einer Recherche beschäftigt, sehen wir, wie unser Redaktionskater interessiert in den NATURZYT-Garten pirscht, den Blick starr auf etwas in der Luft Stehendes gerichtet. Von Neugier getrieben folgen wir ihm und sehen uns einem kleinen Kolibri-ähnlichen Geschöpf gegenüber. Es ist doch tatsächlich ein Taubenschwänzchen, welches in hohem Tempo von Blüte zu Blüte schwirrt. Vielleicht hat es ja kurz Zeit, zwischendurch noch ein kleines Interview zu geben … Und tatsächlich, es freut sich sogar darüber.

Hallihallo, hallihallo, ich bin Trudchen, und ich bin ein Taubenschwänzchen.

HALLO TRUDCHEN, ES IST UNS EINE FREUDE, DICH KENNENZULERNEN. SCHÖN, DASS DU UNS EINEN AUGENBLICK DEINER KOSTBAREN ZEIT OPFERST, UM MIT UNS ZU SPRECHEN. WO KOMMST DU DENN HER, WENN WIR FRAGEN DÜRFEN?
Dürft ihr, dürft ihr. Ich komme aus dem Piemont.

DAS IST ABER EIN SEHR WEITER WEG BIS HIERHER. KANNST DU DENN SO WEIT FLIEGEN?
Natürlich, natürlich. Wir Taubenschwänzchen können bis zu 3000 Kilometer in 14 Tagen zurücklegen.

Im Gespräch mit NATURZYT
Taubenschwanzechen im FlugTrudchen Taubenschwänzchen, eingewanderte, lernfähige Schwärmerin, lieibt alle Blumen, welche viel Nektar haben, egal welche Farbe sie haben, aber natternköpfe und Muskatellersalbei liebt sie am meisten. Fliegt gerne morgens und abends, während sie sich mittags gerne auf warmen Steinen ausruht.

WOW, DAS IST JA UNGLAUBLICH. DANN SEID IHR ABER GANZ SCHÖN UNTERWEGS.
Ja, ja, das gehört sich so für einen Wanderfalter. Wir ziehen umher und bleiben dann dort, wo es uns gefällt, solange es für uns stimmig ist.

SOZUSAGEN EIN ZIGEUNERLEBEN. SEID IHR DENN NICHT WÄHLERISCH, WAS EURE FUTTERPFLANZEN ANGEHT? VIELE INSEKTENARTEN SIND JA SPEZIALISTEN UND ERNÄHREN SICH NICHT VON VERSCHIEDENEN PFLANZEN. WIE IST DAS DENN BEI EUCH?
Ach nein, ach nein, wir essen eigentlich alles. Hauptsache, es gibt genug Nektar. Hab auch schon gehört, dass es solche gibt, die nur eine Blumenfarbe anfliegen. Das ist töricht. Wir lernen, dass es nicht auf die Farbe ankommt und auch nicht auf die Blütengrösse. Der Nektar ist wichtig. Wir brauchen seeehr viel Nahrung, also brauchen wir Blumen, welche viiiiiel Nektar hergeben.

JA, IHR MÜSST BESTIMMT SEHR VIEL ENERGIE VERBRAUCHEN, WEIL IHR JA SO SCHNELL MIT EUREN FLÜGELN SCHLAGT BEIM RUMSCHWIRREN, ODER?
Genau, genau, wir schlagen zwischen 70 und 90 Mal mit den Flügeln, und das in einer Sekunde. Ausserdem fliegen wir bis zu 80 km/h schnell und können in der Luft stehen und sogar rückwärts fliegen. Das braucht schon viel Energie. Deshalb saugen wir so in der Minute bis zu 100 Blüten aus. Das sind so ca. 1300 bis 5000 Fingerhutblüten pro Tag. Ja, ja.

IHR GEHÖRT ZU DEN SCHWÄRMERN, WELCHE EIGENTLICH DOCH NACHTFALTER SIND. WESHALB SEID IHR DENN TAGAKTIV?
Gute Frage, gute Frage. Darüber habe ich noch gar nie wirklich nachgedacht. Wir fangen so ab 10 ° C an zu fliegen, und wir fliegen morgens und abends und manchmal auch nachts. Also eigentlich dann, wenn wir Lust und Hunger haben. Ausserdem sammeln wir ja Nektar, und die Blumen brauchen die Sonne für die Blüten, welche den Nektar produzieren. Es scheint mir deshalb logisch, es so zu tun. Aber so genau hab ich mir das noch nie überlegt. Spielt das denn eine Rolle?

NEIN, EIGENTLICH NICHT. SCHMETTERLINGE SIND JA AN SICH SCHON FASZINIERENDE WESEN, WEIL SIE JA EINE METAMORPHOSE DURCHLEBEN. ALSO WIESO SOLLEN SIE NICHT AUCH SONST GEWISSE GEHEIMNISSE HABEN DÜRFEN. WIE LÄUFT DAS EIGENTLICH BEI EUCH AB? ALS SCHMETTERLING SEID IHR NICHT WÄHLERISCH, UND ALS RAUPE? UND WIE SEHT IHR ÜBERHAUPT ALS RAUPE AUS?
Hi hi, hi hi, wie kleine grüne Dackel ohne Schlappohren und mit zu vielen Beinen.

NEIN, ECHT JETZT.
Doch, doch. Manche von uns sind aber auch bräunlich. Wir paaren uns meistens mit einem anderen Taubenschwänzchen, welches wir an unseren Ruheplätzchen kennenlernen, da wir oft dort im Verbund ausruhen und uns aufwärmen. Unsere bis zu 200 Eier legen wir dann unten an einem Labkrautblatt oder einer sonstigen Futterpflanze ab. Aber immer nur eines pro Pflanze. Sieht dann fast aus wie eine Pflanzenknospe. Nach 6 bis 8 Tagen schlüpfen dann die Kleinen und sehen mit ihren Schwänzchen und den hübschen Streifen seitlich und auf dem Rücken sehr niedlich aus.

WIE LANGE GEHT DENN EURE METAMORPHOSE BIS ZUM SCHMETTERLING?
Ziemlich schnell, ziemlich schnell. Nach ca. 20 Tagen verpuppt sich die Raupe, und dann, nach 3 Wochen Puppenruhe, schlüpfen wir als Schmetterling. So schnell geht das.

DAS IST JA WIRKLICH TOLL. UND DANN, WIE ALT KÖNNEN DENN DIE SCHMETTERLINGE WERDEN? ÜBERWINTERT IHR, ODER ZIEHT IHR WIEDER IN WÄRMERE GEGENDEN? WIE LÄUFT DAS BEI EUCH AB?
Ach ja, ach ja, einige Jungspunde gehen zurück in wärmere Gefilde, einige überwintern hier an gut geschützten Orten. Wir werden ja nur ca. 4 Monate alt und sind meist unseren Ruheplätzen ein Falterleben lang treu.

OH, DAS IST ABER EIN KURZES LEBEN. SCHADE. GIBT ES NOCH ETWAS, WAS DU UNS GERNE SAGEN MÖCHTEST, LIEBES TRUDCHEN?
Oh sehr gerne, oh sehr gerne. Ich bin kein Kolibri, auch wenn ich wie einer aussehe. Also bedenkt, es ist nicht immer alles so, wie es aussieht, in dieser Welt. Denkt immer daran. Ich stehe in der Luft, und doch schlagen meine Flügel in rasender Geschwindigkeit. Also denkt daran, Schnelligkeit heisst nicht immer, dass man sehr weit kommt. Denkt immer an meinen Rat.

DAFÜR DANKEN WIR DIR SEHR, LIEBES TRUDCHEN, ES WAR UNS EINE FREUDE, DASS DU DIR SO VIEL ZEIT GENOMMEN HAST.
Aber immer gerne, aber immer gerne. Es war auch mir ein Vergnügen.

Text Virginia Knaus
Illustration & Foto Virginia Knaus

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Gespräch mit Jessica Chick

Gespräch mit Karlchen Käfer

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